Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Leistungen an Asylsuchende. Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende neben der Regelleistung
Orientierungssatz
1. Anspruchsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz steht die Zuerkennung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende mangels einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage nicht zu. Eine analoge Anwendung der Regelung zu einem solchen Mehrbedarf in § 30 Abs. 3 SGB 12 kommt insoweit nicht in Betracht.
2. Einzelfall zur Zuerkennung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (hier: Leistungsanspruch bejaht).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 18.09.2013 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zu 1 ab dem 15.10.2014 bis zum Ende des Monats der Zustellung der Entscheidung des Senats vorläufig Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 nach Maßgabe der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 1/11) abzüglich bereits erbrachter Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 zu gewähren. Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 15.10.2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu 3/4.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 15.12.2014 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, C, beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG.
Die im Juli 1990 geborene Antragstellerin zu 1 ist irakischer Staatsangehörigkeit, reiste im Januar 2012 in das Bundesgebiet ein und wurde der Antragsgegnerin zugewiesen. Sie lebt mit ihrem am 00.00.2013 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, in einem Einfamilienhaus im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin. Das Haus, welches ihr Onkel angemietet hat und in dem neben den Antragstellern fünf weitere Personen leben, verfügt über fünf Zimmer, eine Küche, Bad und zwei WC. Die monatlichen Mietkosten (inklusive Nebenkosten) belaufen sich auf insgesamt 980,00 EUR. Die Antragstellerin zu 1 erhält von der Antragsgegnerin laufend Grundleistungen nach § 3 AsylbLG unter Berücksichtigung eines Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 1/11) sowie anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung. Seit dem 01.11.2014 erhält sie darüber hinaus laufend eine Mehrbedarfsleistungen für Schwangere.
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen die Leistungsbewilligung für den Monat Juni 2014 und anlässlich eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X fragte die Antragstellerin zu 1 bei der Antragsgegnerin unter dem 17.06.2014 an, aus welchen Gründen der Antragsteller zu 2 keine Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung erhalte.
Mit Bescheid vom 22.08.2014 lehnte die Antragsgegnerin den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin keinen selbständigen Haushalt führe und daher zu Recht der Regelbedarfsstufe 3 zugeordnet worden sei. Zugleich wurde ihr - im Rahmen der Gründe des Bescheides - mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 2 nicht zum Personenkreis des § 1 AsylbLG gehöre. Die Antragsteller erklärten nachfolgend, dass sie innerhalb des Hauses einen eigenen Haushalt führten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 03.09.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den für Juni 2014 ergangenen Bescheid mit der Begründung zurück, dass aufgrund der familiären Gesamtsituation nicht von einer eigenständigen Haushaltsführung auszugehen sei. Die Antragstellerin sei auch nicht der Regelbedarfsstufe 2 zuzuordnen; denn sie führe nicht mit einem Ehegatten, Lebenspartner oder in ehe- bzw. lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt.
Mit Bescheid vom 24.09.2014 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1 Grundleistungen für den Kalendermonat Oktober 2014 i.H.v. 430,00 EUR (= Regelsatz i.H.v. 290,00 EUR zuzüglich Unterkunftskosten i.H.v. 140,00 EUR). Darüber hinaus zahlte die Antragsgegnerin ihr am 14.10.2014 für die Zeit vom 27.05. bis 31.10.2014 eine Mehrbedarfsleistung wegen Schwangerschaft nach.
Gegen den Bescheid vom 24.09.2014 legten die Antragsteller unter dem 10.10.2014 Widerspruch ein. Zugleich beantragten sie die Überprüfung der "vorangegangenen Bescheide" nach § 44 SGB X.
Ferner haben sie am 15.10.2014 bei dem Sozialgericht Detmold um Eilrechtsschutz nachgesucht und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten begehrt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, die mit Bescheid vom 24.09.2014 gewährten Leistungen seien zu gering bemessen. Der alleinerziehende...