Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Prozesskostenhilfe wegen offensichtlicher Parallelität der Fallgestaltung
Orientierungssatz
1. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt u. a. voraus, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
2. PKH ist zu versagen, wenn ein Bemittelter wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Einschaltung eines Anwalts vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würde. Die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung kann nicht immer mit der Verweisung auf ein Parallelverfahren verneint werden. Liegt die Parallelität der Fallgestaltung aber auf der Hand und kann die in einem Fall erhaltene Beratung ohne wesentliche Änderungen auf einen weiteren Fall übertragen werden, so gebietet es das Grundrecht auf Rechtsschutzgleichheit nicht, dem unbemittelten Rechtsuchenden für jeden einzelnen Gegenstand erneut Beratungshilfe zu gewähren.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.10.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat im Ergebnis zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Die abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage darf nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren, in dem nur eine summarische Prüfung erfolgt, vorverlagert werden. Letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung müssen nicht ausgeschlossen sein, denn eine endgültige und abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist in der Regel weder möglich noch notwendig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 7, 7a, 7b). Es reicht für die Bejahung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R). Diese ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers vertretbar ist und die behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen nachweisbar erscheinen (Hdb SGG - Udsching, VI Rn. 60; Leitherer, a.a.O., Rn. 7).
Zwar hat die Klage vom 20.07.2011 gegen die Bescheide vom 18.04.2011, 02.05.2011 und 04.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2011 Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat insoweit auf die Ausführungen im Verfahren L 7 AS 1134/11 B vom 19.04.2012 zum Klageverfahren S 31 AS 977/11. In diesem Klageverfahren, in dem die Kläger geltend machen, die Regelbedarfe für die Zeit von Januar bis April 2011 seien verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt, hat der Senat den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C beigeordnet.
Jedoch steht der Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren, in dem die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe nun für den Folgezeitraum Mai bis Oktober 2011 streitig ist, § 73a SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung entgegen. Danach wird in den Fällen, in denen eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung berechtigter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Diese Erforderlichkeit liegt nicht vor. Zu dieser Einschätzung gelangt der Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Beratungshilfe.
Das BVerfG hat ausgeführt, dass die Auslegung und Anwendung des Beratungshilfegesetzes in erster Linie den zuständigen Fachgerichten obliegt und entsprechend dem für die Prozesskostenhilfe geltenden Prüfungsmaßstab der Entscheidungsspielraum der Fachgerichte dann überschritten ist, wenn diese einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einem unbemittelten Rechtsuchenden im Vergleich zum bemittelten Rechtsuchenden die Rechtswahrnehmung unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Dabei braucht der Unbemittelte nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der bei seiner Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigt und vernünftig abwägt. Ein kostenbewusster Rechtsuchender werde dabei insbesondere prüfen, inwieweit er fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Verfahrensrechte benötigt oder selbst dazu in der Lage ist. Daher weist das BVerfG darauf hin, dass unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die Versagung von Beratungshilfe dann keinen Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit darstellt, wenn ein Bemittelter wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Einschaltung eines Anwalts vernünftigerweise nicht...