Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Sonderregelung für die Ausbildungsförderung für Ausländer. Asylbewerber aus Mali mit Aufenthaltsgestattung. Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts. Bleibeperspektive. Prognoseentscheidung durch die BA. Gesamtschutzquote von mindestens 50% des Herkunftslandes. Ausnahme. Prognose eines erfolgreichen Asylantrags. Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen einer Duldung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Prognose der Bundesagentur für Arbeit über die Bleibeperspektive iSv § 132 Abs 1 S 1 SGB 3 unter Berücksichtigung der §§ 18a, 60a AufenthG.
2. Solange die Asylentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch nicht ergangen ist, richtet es sich nach der Gesamtschutzquote des Herkunftslandes, ob die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts des Asylbewerbers iS von § 132 Abs 1 S 1 SGB 3 begründet ist.
3. Kommt der Asylbewerber nicht aus einem Land mit einer Gesamtschutzquote von über 50 Prozent, sondern zB aus Mali (2016: 5,8 Prozent), so besteht keine Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts iS von § 132 SGB 3. Dies hat zur Folge, dass eine Förderung durch Berufsausbildungsbeihilfe zu versagen ist.
4. Zu Ausnahmen vom Grundsatz der Gesamtschutzquote im Einzelfall (Annahme hier abgelehnt) .
Normenkette
SGB III § 132 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2 Nr. 2, § 59 Abs. 2; AufenthG §§ 18a, 60a Abs. 2 Sätze 1, 3-4, Abs. 6; AsylbLG § 2 Abs. 1, §§ 29a, 44 Abs. 4 S. 2, § 55; AsylG § 29a; AsylVfG §§ 3-4; SGB XII § 22 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; SGG § 73a Abs. 1 S. 1
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens und Beiordnung von Rechtsanwalt I, C, wird abgelehnt.
Gründe
I. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 11.10.2017 hat keinen Erfolg.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. (2014), § 73a Rn. 7 ff., m.w.N.).
Die statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung bietet bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im vorgenannten Sinne. Die angefochtene Entscheidung erweist sich danach als rechtmäßig. Die kein neues Vorbringen enthaltende Berufung ist nicht geeignet, eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen.
1. Der Kläger vermag sich nicht auf § 59 Abs. 2 SGB III berufen, da er im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht zur Gruppe der geduldeten Ausländer i.S.v. § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zählte. Eine entsprechende Anwendung scheidet schon deshalb aus, weil er erst im Frühjahr 2013 nach Deutschland eingereist ist und sich daher im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (04.10.2016) noch nicht mindestens vier Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat.
2. Die Beklagte hat im Rahmen des § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III eine Prognose darüber anzustellen, ob es sich bei dem Berufsausbildungsbeihilfe beantragenden Ausländer um eine Person handelt, bei der ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Es ist nicht evident ersichtlich, dass sie bei dieser Prognose von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen wäre oder sich von sachwidrigen Gründen hätte leiten lassen.
Die Einführung des § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III berücksichtigte, dass der Lebensunterhalt von Gestatteten in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts auch während einer Berufsausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme durch Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) gesichert wird. Danach wechseln die Leistungsberechtigten in den Bezug von Leistungen entsprechend dem SGB XII (sog. "Analogleistungen", vgl. § 2 Abs. 1 AsylbLG). Damit unterfallen sie grundsätzlich während einer Berufsausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme der Regelung in § 22 Abs. 1 SGB XII, die einen Leistungsausschluss für Personen vorsieht, die eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolvieren. Ziel des § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist es mithin, Gestatteten mit guter Bleibeperspektive zu ermöglichen, eine Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme über die ersten 15 Monate ihres Aufenthaltes hinaus fortzuführen oder danach aufzunehmen und durch Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Der Ge...