Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Zulassungsausschusses bei der Nachbesetzung einer vertragsärztlichen Praxis
Orientierungssatz
1. Bei offensiven Konkurrentenklagen zur Nachbesetzung im vertragsärztlichen Zulassungsverfahren, bei denen mehrere Bewerber um die Zuerkennung einer nur einmal zu vergebenden Berechtigung streiten, folgt die Anfechtungsbefugnis aus der eigenen Grundrechtsbetroffenheit jedes Bewerbers. Nach § 103 Abs. 4 S. 4 SGB 5 hat der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern den Nachfolger auszuwählen (BSG Urteil vom 5. 11. 2003, B 6 KA 11/03 R).
2. Danach hat der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, welche die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen.
3. Dabei sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter, die Dauer der ärztlichen Tätigkeit und die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.
4. Erst bei einer fehlenden Einigung zwischen dem Veräußerer und dem am besten geeigneten Bewerber über den Kaufpreis der Praxis ist die Höhe des Verkehrswertes von Amts wegen zu ermitteln und festzusetzen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 3. September 2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 6), die ihre Kosten selbst zu tragen haben.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt durch gesonderten Beschluss.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege vorläufigen Rechtsschutzes über die Befugnis des Antragsgegners, die sofortige Vollziehung einer vertragsärztlichen Zulassung des Beigeladenen zu 8) im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie anzuordnen.
Dem im Jahr 1961 geborenen Antragsteller wurde am 5. Januar 1987 die ärztliche Approbation erteilt. Er verfügt seit dem 27. August 1994 über eine Facharztbezeichnung als Facharzt für Chirurgie, seit dem 13. Juni 2001 über eine solche als Facharzt für Orthopädie und seit dem 25. April 2009 über eine Facharztbezeichnung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Nach den Eintragungen im Arztregister der Beigeladenen zu 1) ist er überdies berechtigt, verschiedene Zusatzbezeichnungen zu führen (seit August 1994 Sportmedizin, seit 2001 Chirotherapie, seit 2002 physikalische Therapie). In der Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 30. Juni 2006 war er mit dem Beigeladenen zu 7) in einer orthopädischen Gemeinschaftspraxis in C und anschließend bis zum 31. Dezember 2016 mit dem Beigeladenen zu 7) im Rahmen einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in C bzw. B vertragsärztlich tätig. Seit 2017 ist er mit einem vollen Versorgungsauftrag mit Praxissitz in B zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Dem 1965 geborenen Beigeladenen zu 8) wurde am 9. Juli 2004 die ärztliche Approbation erteilt. Er ist seit dem 8. November 2004 berechtigt, die Facharztbezeichnung als Facharzt für Chirurgie und seit dem 27. Juni 2009 die Facharztbezeichnung Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu führen. Er verfügt gleichfalls über verschiedene Zusatzbezeichnungen (seit 2008 manuelle Medizin/Chirotherapie, seit 2011 spezielle Unfallchirurgie, seit September 2014 spezielle orthopädische Chirurgie, seit Dezember 2014 Sportmedizin). In dem Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis zum 15. Juni 2017 war er als Oberarzt am N-Hospital I, anschließend bis zum 30. Juni 2018 als angestellter Facharzt in der Praxis des Facharztes für Chirurgie Dr. S, B, und ab dem 1. Juli 2018 als angestellter Facharzt in der Praxis des Beigeladenen zu 7) tätig.
Im März 2017 beantragte der Beigeladene zu 7) die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zur Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. In diesem Zuge erklärte er, es solle eine "Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag" mit dem Zusatz "auch 2 hälftige Zulassungen möglich" ausgeschrieben werden.
Der anschließenden Empfehlung der Beigeladenen zu 1) folgend beschloss der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster (ZA) am 25. April 2017 die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens für den Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 7) in C, F-Str. 8.
Auf die Ausschreibung bewarben sich u.a. der Antragsteller und der Beigeladene zu 8). Letzterer hatte mit dem Beigeladenen zu 7) am 28. November 2018 mit Wirkung zum 1. Januar 2019 zum Zweck der gemeinsamen Ausübung ambulanter, vertrags- und privatärztlicher Tätigkeit im Fachgebiet Orthopädie einen "Vertrag über die Gründung einer Gemeinschaftspraxis (GbR)" geschlossen. Nach dem Inhalt des Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien die Schaffung eines gemeinsamen Gesellschaftsvermögens zum 1. Januar 2019, an dem beide Personen zu jeweils zu 50 % beteiligt waren. Der Beigeladene zu 8) verpflichtete sich, für die Übertragung des Vermögensanteils einen Kaufpreis in H...