Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Vergütung für ein Sachverständigengutachten bei nicht fristgerechter Geltendmachung des Vergütungsanspruchs
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Vergütung erlischt nach § 2 Abs. 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Ist Gegenstand der Vergütung ein vom Gericht in Auftrag gegebenes medizinisches Sachverständigengutachten, so beginnt die Frist mit Eingang des Gutachtens bei Gericht.
2. Ist die Frist versäumt, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 S. 1 JVEG nicht in Betracht, wenn der Kostenbeamte die Erstattung der geltend gemachten Mehrwertsteuer übersehen hat. Fehlendes Verschulden ist nicht gegeben, weil es sich insoweit um einen Standardposten handelt, dessen generelles Fehlen bei Rechnungen augenfällig erkennbar ist.
3. Im Übrigen ist wegen des Erlöschens des Anspruchs nach § 2 Abs. 1 JVEG eine vom Urkundsbeamten gezahlte Vergütung der Gutachtenskosten vom Sachverständigen zu erstatten. Weil die Vergütung vom Kostenbeamten zu Unrecht gezahlt worden ist, steht der Staatskasse ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der Überzahlung zu.
Tenor
Auf den Antrag des Antragstellers wird die mit Rechnung vom 14.1.2011 geltend gemachte Vergütung des Antragsgegners gem. § 4 Abs. 1, 7 JVEG auf 0,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die fristgerechte Geltendmachung der Mehrwertsteuer für die Erstattung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
Gegenstand des dem Kostenfestsetzungsverfahren zu Grunde liegenden und bereits erledigten Berufungsverfahrens (L 18 R 251/09) war das Vorliegen der Voraussetzung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Unter dem 11.8.2010, eingegangen bei Gericht unter dem 16.8.2010, erstattete der Antragsgegner aufgrund gerichtlicher Beweisanordnung vom 18.5.2010 gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-neurochirurgisches Sachverständigengutachten (Bl. 272 ff. Gerichtsakte).
Mit Kostennote vom 13.8.2010 machte der Antragsgegner für die Erstellung des Gutachtens gegenüber der Staatskasse eine Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 2.509,55 geltend.
Die Kosten wurden durch die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle antragsgemäß angewiesen.
Mit erneuter Rechnung vom 14.1.2011, eingegangen bei Gericht unter dem 18.1.2011, bat der Antragsgegner um weitere Entschädigung seines Aufwandes in Höhe von EUR 474,91. In der Kostennote heißt es wörtlich: "Aufgrund eines Softwarefehlers wurde versehentlich die Mehrwertsteuer nicht berechnet, welche sich im vorliegenden Fall auf EUR 474,91 beläuft. Ich bitte diesen Fehler zu entschuldigen und bitte um Nachvergütung [ ] auf mein Konto."
Durch Kassenanordnung vom 16.2.2011 wurde auch diese Rechnung in geltend gemachter Höhe beglichen.
Mit Schreiben vom 1.8.2011 wies die Kostenbeamtin den Antragsgegner darauf hin, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer in Höhe von EUR 474,91 zu Unrecht erfolgt sei. Die geltend gemachte Forderung sei verjährt, es werde um Rücküberweisung des erstatteten Betrages gebeten.
Nachdem der Antragsgegner trotz mehrfacher Erinnerung nicht reagierte, beantragte der Antragsteller die richterliche Festsetzung der geltend gemachten Mehrwertsteuer. Er ist der Auffassung, die Forderung sei verjährt. Dem Antragsgegner sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Fristversäumnis selbst verschuldet sei. In der Anweisung des streitigen Betrages durch die Kostenbeamtin sei auch keine konkludente Gewährung einer Wiedereinsetzung zu erkennen, da über die Wiedereinsetzung nur das Gericht entscheiden könne.
Der Antragsteller beantragt,
den die Vergütung des Antragsgegners festsetzenden Bescheid der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16.2.2011 aufzuheben und die mit Rechnung vom 14.1.2011 geltend gemachte Vergütung gem. § 4 Abs. 1, 7 JVEG auf 0,00 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Abrechnungsfehler sei ihm erst "recht spät" aufgefallen, da er im alltäglichen Geschäft bis dato nicht in der Lage gewesen sei, jeden Posten nachzurechnen. Erst als die Zahlungseingänge anhand einer Berechnungsvorlage überprüft worden seien, habe er festgestellt, dass das EDV-Programm über das ganze Jahr hindurch die Umsatzsteuer nicht angerechnet habe. Ihm sei bewusst, dass ihm insoweit eine Sorgfaltspflicht obliege. Er habe die Nachberechnung jedoch sofort, nachdem der Fehler auffiel, erstellt. Die Verjährungsfristen des JVEG seien ihm als Mediziner nicht bewusst gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 S. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
Der gem. § 4 JVEG zulässige Antrag auf richterliche Festsetzung ist begründet.
Es kann dahinstehen, ob die unter dem 16.2.2011 vorgenommene Anweisung der mit Rechnung vom 14...