Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der höheren Rente bei durchgeführtem Versorgungsausgleich

 

Orientierungssatz

1. Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10 setzt voraus, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

2. Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die durch einen Versorgungsausgleich eingetretenen neuen Verhältnisse in Form eines Rentenzuschlags zu berücksichtigen sind, kommt es nach § 101 Abs. 3 S. 1 SGB 6 auf den Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über den Versorgungsausgleich an. Für den Beginn der höheren Rente ist es unbeachtlich, ob der Ausgleichsberechtigte selbst zur Verzögerung des familiengerichtlichen Verfahrens beigetragen hat oder andere von ihm nicht zu vertretende Umstände hierfür verantwortlich waren (BSG Urteil vom 22. 4. 2008, B 5aR 72/07 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.12.2020; Aktenzeichen B 13 R 235/20 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Rechtmäßigkeit des Rentenbescheides der Beklagten vom 08.04.2009 im Hinblick auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Klägerin die aufgrund eines Versorgungsausgleichs erhöhte Rente zu gewähren ist.

Die Klägerin heiratete am 00.08.1979. Am 00.04.2002 wurde der Scheidungsantrag und am 00.04.2002 der Antrag auf Versorgungsausgleich beim Amtsgericht B eingereicht. Mit Urteil des Amtsgerichts B vom 00.08.2008 wurde die am 00.08.1979 von der Klägerin geschlossene Ehe geschieden. In vorgenanntem Urteil ist unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Von dem Versicherungskonto Nr. XX des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen wird auf das Versicherungskonto Nr. XXX der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine monatliche Rentenanwartschaft von 187,91 EUR (...), bezogen auf den 31. März 2002, übertragen. Es wird angeordnet, dass der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaft in Entgeltpunkte umzurechnen ist."

Die Klägerin legte gegen das Urteil des Amtsgerichts B Berufung ein, die sie am 10.12.2008 zurücknahm.

Die Klägerin bezog ab dem 01.11.2000 eine zunächst bis zum 31.10.2006 befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 24.08.2006 wurde diese unbefristet gewährt.

Mit Rentenbescheid vom 08.04.2009 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der der Klägerin gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.01.2009 vor. Die Rente werde neu berechnet, weil sich die persönlichen Entgeltpunkte aufgrund des Versorgungsausgleichs geändert hätten. Die Rente werde in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam sei. Für die Zeit ab 01.01.2009 verändere sich die Summe der Entgeltpunkte zugunsten der Klägerin durch den Versorgungsausgleich.

Bereits in einer Verhandlungsniederschrift vom 03.03.2010 bat die Klägerin um höhere Rente seit März 2002 aufgrund der übertragenen Anwartschaft. Einen gleich gelagerten Antrag stellte die Klägerin auch durch ihren gerichtlich bestellten Betreuer am 12.10.2011. Mit weiterem Schreiben vom 26.03.2012, das die Beklagte als Überprüfungsantrag wertete, begehrte die Klägerin dann abermals, ihre Rente bereits mit Wirkung zum 01.04.2002 unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs anzupassen.

Die Beklagte wies den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 13.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.04.2013 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 08.05.2013 Klage zum Sozialgericht Münster (Az.: S 17 R 342/13), die das Sozialgericht Münster durch Gerichtsbescheid vom 01.03.2016 abwies.

Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung wies der 21. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 28.10.2016 (Az.: L 21 R 316/16) zurück. Das LSG NRW führte hierzu im Wesentlichen aus, die Beklagte habe den Überprüfungsantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme nicht vorlägen. Der Ausgangsbescheid sei rechtmäßig. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Erhöhung der Rente sei die Vorschrift des § 100 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Änderten sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, werde die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam sei. Wirksam geworden sei der mit familiengerichtlichem Urteil ausgesprochene Versorgungsausgleich erst mit der Rechtskraft des Urteils am 10.12.2008. Entscheidungen, die den Versorgungsausgleich beträfen, würden gemäß § 53g Abs. 1 Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) erst mit ihrer Rechtskraft wirksam. Diese Vorschrift sei weiterhin anzuwenden, denn nach der Übergangsvorschrift d...

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