Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Erteilung der Zustimmung zu einem Umzug im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Zustimmung zu einem Umzug durch einstweiligen Rechtsschutz setzt die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.

2. Der Anordnungsanspruch verlangt u. a. , dass die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind. Dabei ist auf die Bruttokaltmiete als einheitliche Angemessenheitsgrenze abzustellen.

3. Der erforderliche Anordnungsgrund ist u. a. dann glaubhaft gemacht, wenn einem bisher Obdachlosen eine Wohnung unter Fristsetzung angeboten worden ist. Dann ist zu klären, ob er diese ohne finanzielles Risiko anmieten kann. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB 2 nach einem erfolgten Umzug in einem Klageverfahren nicht mehr überprüft werden. Infolgedessen besteht ein Anordnungsgrund auf Erteilung einer Zustimmung nach § 22 Abs. 4 SGB 2 (Anschluss BSG Urteil vom 06. April 2011, B 4 AS 5/10 R).

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 04.11.2014 geändert. Dem Antragsteller wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und die Rechtsanwaltskanzlei A, L, beigeordnet.

 

Gründe

Der Antragsteller hatte im Hauptsacheverfahren die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zustimmung zu einem Umzug erstrebt.

Der Antragsteller war obdachlos. Er bezog vom Antragsteller einen Regelbedarf i.H.v. 391,00 EUR monatlich. Der Antragsteller legte dem Antragsgegner ein Mietangebot über eine Wohnung Am N 00, F mit Wirkung zum 10.11.2014 vor. Als Miete war eine Nettokaltmiete von 285,50 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 76,50 EUR sowie die Zahlung einer Mietkaution von 571,00 EUR vorgesehen. Durch Bescheid vom 03.11.2014 lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ab. Der Beigeladene habe das Mietangebot wegen Unangemessenheit der Grundmiete abgelehnt. Die Obergrenze für die Grundmiete liege bei 275,00 EUR. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass die Kosten für den Umzug, eine Renovierung und die Kaution nicht übernommen würden. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Am 03.11.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Köln beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, die Zustimmung zum Umzug in die Wohnung zu erteilen. Er sei seit Jahren obdachlos. Das Mietangebot könne seine Obdachlosigkeit beenden. Die Angemessenheitsgrenze des Jobcenters F beruhe nicht auf einem schlüssigem Konzept. Der Vermieter habe ihm eine Frist zur Unterzeichnung des Mietvertrages bis zum 07.11.2014 gesetzt. Die Mietkaution könne er aus eigenen Mitteln nicht leisten. Mit Schriftsatz vom 04.11.2014 hat der Antragsteller hilfsweise beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Zusicherung zur Übernahme der Mietkaution sowie der Kosten für die Erstausstattung der Wohnung zu erklären.

Durch Beschluss vom 04.11.2014 hat das Sozialgericht das Jobcenter N beigeladen.

Durch Beschluss vom 06.11.2014 hat das Sozialgericht die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 25.11.2014 hat er die Beschwerde bezüglich des Hauptantrags für erledigt erklärt und hinsichtlich der Ablehnung der Prozesskostenhilfe aufrecht erhalten.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hatte hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO geboten.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel die Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.11.2013 - L 19 AS 1186/13 B m.w.N.). Diese tritt ein, wenn ein Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10) und der Gegner nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Die Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ist damit spätestens mit Eingang der Stellungnahme des Antragsgegners am 04.11.2014 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt hat der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II hinreichende Erfolgsaussicht gehabt.

Der Antragsteller hatte einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sein Einzug in die Wohnung in F ist i.S.v. § 22 Abs. 4. S. 2 SGB II erforderlich gewesen. Die Aufwendungen für die neue Wohnung - Bruttokaltmiete von 362,00 EUR - sind angemessen gewesen. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 12.12.2013 - B 14 AS 83/12 R, vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R, vom 16.04.2013 - B 14 AS 28/12 R, vom 22.08.2012 - B 1...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge