Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel gegen Kostenentscheidungen des Urkundsbeamten

 

Orientierungssatz

1. Seit dem 1. 1. 2008 findet bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Sozialgerichts ein Abhilfeerfahren nicht mehr statt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde bei Gericht.

2. Das Sozialgericht entscheidet über eine Erinnerung gegen die Entscheidung des Kostenbeamten endgültig. Damit ist eine Beschwerde über die Entscheidung des Sozialgerichts ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 04.03.2008 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren.

 

Gründe

I.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts (SG) Detmold hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.01.2007 die der Klägerin von der Beklagten aufgrund eines angenommenen Anerkenntnisses zu erstattenden Kosten auf 1.368,80 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2007 festgesetzt, das SG die hiergegen am 22.01.2007 erhobene Erinnerung zurückgewiesen (Beschluss vom 04.03.2008, der Beklagten zugestellt am 13.03.2008). Mit am 07.04.2008 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangenen Schriftsatz bittet die Beklagte, diesen Beschluss zu überprüfen. Den im Beschluss enthaltenen Hinweis, die Entscheidung sei endgültig, könne sie so nicht hinnehmen, da die Entscheidung rechtswidrig sei. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels, da es unzulässig, zum anderen auch unbegründet sei.

II.

Der Senat kann über das zwar nicht näher bezeichnete, jedoch als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Beklagten entscheiden, ohne dem SG zuvor Gelegenheit zur Durchführung eines Abhilfeverfahrens geben zu müssen. Die dieses Verfahren bis zum 31.03.2008 regelnde Vorschrift des § 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444) mit Wirkung vom 01.04.2008 (Art. 5 SGGArbGGÄndG) aufgehoben worden. Seit diesem Zeitpunkt findet daher bei Beschwerden ein Abhilfeverfahren nicht mehr statt. Dass der angefochtene Beschluss bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits zugestellt war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Änderungen des Verfahrensrechts gelten grundsätzlich mit ihrem Inkrafttreten, soweit nicht in Übergangsregelungen anderes bestimmt ist. Eine Übergangsregelung dergestalt, dass bei nach Inkrafttreten der Neuregelung erhobenen Beschwerden gegen bis zum 31.03.2008 erlassene Beschlüsse noch ein Abhilfeverfahren durchgeführt werden soll, ist der Inkrafttretensregelung des Art. 5 SGGArbGGÄndG nicht zu entnehmen. Die Vorschrift muss in diesem Sinne auch nicht mit Rücksicht auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 iVm Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz) verfassungskonform ausgelegt werden. Denn die Aufhebung des § 174 SGG wirkt nicht auf eine der Beklagten bei Inkrafttreten der Regelung bereits zustehende Verfahrensposition ein (vgl. zu diesem Kriterium BVerfG, Beschluss v. 07.07.1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87, 48 ff.). Vielmehr hat die Beklagte Beschwerde erst am 07.04.2008 und damit nach Inkrafttreten der Neuregelung erhoben. Schützenswertes Vertrauen auf Durchführung eines Abhilfeverfahrens durch das SG bestand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr (i.E. wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.05.2008, L 9 B 81/08 AS ER, sozialgerichtsbarkeit.de).

Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig.

Nach § 172 SGG findet gegen die Entscheidungen der SGe mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde an das LSG statt, soweit nicht in diesem Gesetz, d.h. im SGG, anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung in diesem Sinne enthält § 197 Abs. 2 SGG, auf den bereits das SG in der angegriffenen Entscheidung zutreffend hingewiesen hat. Danach entscheidet das SG "endgültig" über Erinnerungen gegen Entscheidungen der Urkundsbeamtinnen und -beamten nach § 197 Abs. 1 SGG über den Betrag der zu erstattenden Kosten i.S.v. § 193 Abs. 2 SGG. Mit dem Begriff "endgültig" hat der Gesetzgeber klar gestellt, dass eine Beschwerde gegen die Entscheidung des SG ausgeschlossen sein soll (allg.M.; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 12.07.2007, L 2 B 18/06 KN P; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 18.06.2007, L 18 B 732/07 AS; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 28.12.2006, L 8 B 4/06 SO SF; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20.11.2003, L 7 B 1/03 SF; LSG Berlin, Beschluss v. 14.05.2003, L 17 B 27/03 RA; jeweils juris). Diese Entscheidung des Gesetzgebers hat die Beklagte auch und gerade dann hinzunehmen, wenn sie den betreffenden Beschluss des SG für rechtswidrig hält.

Die Beschwerde der Beklagten ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde statthaft. Soweit in den zitierten Entscheidungen des LSG Sachsen-Anhalt und des LSG Berlin in Fällen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" von der Möglichkeit einer solchen - im SGG nicht g...

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