Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. einstweiliger Rechtsschutz. Sozialhilfe nach längerer Aufenthaltsdauer. Anordnungsgrund
Orientierungssatz
1. Zum fehlenden Anordnungsgrund für eine leistungsrechtliche Besserstellung nach § 2 Abs 1 AsylbLG im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache).
2. Die Leistungen nach §§ 3ff AsylbLG stellen schon nach der gesetzlichen Wertung eine ausreichende Existenzsicherung dar. Dem kann nicht etwa entgegengehalten werden, auch die Sozialhilfe nach dem SGB 12 sichere allein einen nicht unterschreitbaren Grundbedarf. Die Leistungen nach §§ 3ff AsylbLG haben sich in einer Vielzahl von Fällen auch praktisch als geeignet erwiesen, die notwendige Existenzsicherung für Asylbewerber zur Verfügung zu stellen. Die Leistungen halten sich im Übrigen auch im Rahmen der EGRL 9/2003.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 08.09.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragsteller, ihnen für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S B zu bewilligen, wird abgelehnt.
Tatbestand
Die Antragsteller gehören der Volksgruppe der Roma an. Die Antragsteller zu 1) und 2) reisten im Jahre 1988 aus dem Kosovo in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten Asyl. Der Antragsteller zu 3) ist Kind der Antragsteller zu 1) und 2); der Antragsteller zu 4) ist Enkel der Antragsteller zu 1) und 2). Die Antragsteller zu 3) und 4) sind in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Die Antragstellerin zu 2) ist Vormund des Antragstellers zu 4).
Nach zwischenzeitlicher Ausreise nach Schweden (Oktober 2000 bis Mai 2001) beziehen die Antragsteller seit Mai 2001 erneut laufend Leistungen nach §§ 3 ff. Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Nach einem ununterbrochenen Leistungsbezug von 36 Monaten seit Mai 2001 (vgl. § 2 Abs. 1 AsylbLG) beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin erstmals im Juni 2004 die Gewährung von Leistungen nach Maßgabe der §§ 3 ff AsylbLG. Die Antragsgegnerin lehnte dies ab.
Mit einem am 08.07.2005 beim Sozialgericht eingegangenen Antrag haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen uneingeschränkte Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 2 Abs. 1 und 3 AsylbLG nach Maßgabe des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab Eingang des Antrags gemäß § 86 b Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zum Ende des Monats, in welchem die gerichtliche Entscheidung ergeht, zu bewilligen.
Sie haben im Einzelnen dargelegt, weshalb es ihnen aus ihrer Sicht derzeit nicht möglich sei, in den Kosovo auszureisen. Neben Gefahren für Leib und Leben für Angehörige ihrer Volksgruppe könnten sie auch deshalb nicht ausreisen, weil der Antragsteller zu 1) gesundheitlich erheblich beeinträchtigt sei und eine angemessene medizinische Versorgung im Kosovo nicht stattfinden werde. Vorgelegt wurde für den Antragsteller zu 1) u. a. ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 100 und der Zuerkennung des Merkzeichens "aG" vom 28.02.2003 und diverse ärztliche Bescheinigungen, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller zu 1) u. a. an einem hirnorganischen Psychosyndrom bei kernspintomographisch nachgewiesenem Hydrocephalus internus mit Ataxie, Gangunsicherheit, Wesensveränderung und symptomatischem cerebralen Anfallsleiden sowie an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II leide. Wegen der Einzelheiten wird auf die von den Antragstellern beigebrachten medizinischen Unterlagen Bezug genommen. Die Antragsteller tragen u. a. weiter vor, ein von der Antragsgegnerin ins Feld geführter Abbruch einer stationären Diabetes-Behandlung jeweils im Jahre 1999 und 2001 liege schon so lange zurück, dass er für das vorliegende Verfahren unerheblich sei.
Mit Beschluss vom 08.09.2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, schon ein für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlicher Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die den Antragstellern aktuell gewährten Leistungen von Unterkunft sowie 802,72 Euro monatlich wichen von den begehrten Leistungen nur um 302,28 Euro ab; zumindest vorübergehend würden den Antragstellern hinreichende Leistungen zum unerlässlichen Lebensbedarf gewährt. Einer Eilentscheidung bedürfe es deshalb nicht.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 12.09.2005 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 12.10.2005 Beschwerde eingelegt. Sie tragen u. a. vor, eine Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Entscheidung bestehe auch dann, wenn - wie in ihrem Fall - existenzsichernde laufende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht in Höhe der Leistungen nach dem SGB XII, sondern nur in eingeschränkter Höhe i.S.v. § 3 ff. AsylbLG gewährt würden. Denn der abgesenkte Leistungsumfang entspreche nur dann dem Grundsatz der Menschenwürde, wenn er nur für die ...