Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung für einen ausreisepflichtigen Unionsbürger. Leistungsanspruch schulpflichtiger Kinder eines ehemaligen Arbeitnehmers
Orientierungssatz
1. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr 2a SGB 2 sind vom SGB 2-Leistungsbezug ausgenommen Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben.
2. Hat der Ausländer sein Freizügigkeitsrecht nach § 6 Abs. 1 FreizügG verloren, so darf er sich nach § 7 Abs. 2 nicht im Bundesgebiet aufhalten. Die Ausreisepflicht besteht bereits mit der bloßen Feststellung des Verlustes.
3. Das Aufenthaltsrecht für schulpflichtige Kinder von Arbeitnehmern nach Art. 10 EUV 492/11 verlangt nur, dass das Kind mit seinen Eltern oder mit einem Elternteil in der Zeit in einem Mitgliedstaat lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte (EuGH Urteil vom 30. 6. 2016, C-115/15). Der Schulbesuch ist nachzuweisen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.09.2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 14.08.2018 im Wege des einstweiligen Rechtschutzes.
Der am 00.00.1979 geborene Antragsteller zu 1) siedelte mit seiner am 00.00.1991 geborenen früheren Lebensgefährtin, Frau F G und drei ihrer gemeinsamen Kinder, den am 00.00.2009, 00.00.2011 und 00.00.2008 geborenen Antragstellern zu 2) bis 4), im April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland über. Frau F G und der Antragsteller zu 1) sind darüber hinaus Eltern der in Deutschland geborenen Kinder O G (geboren am 00.00.2015) und B G (geboren am 00.00.2018). Die Antragsteller sind - wie die übrigen Familienmitglieder - rumänische Staatsbürger.
Zunächst lebten die Antragsteller zusammen mit Frau F G in H. Im Juni 2017 zogen die Antragsteller mit Frau F G und O G von H nach I, wo sie bei dem Antragsgegner am 12.06.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beantragten. Frau F G und der Antragsteller zu 1) gaben an, sie seien auf geringfügiger Basis bei der Gesellschaft für M. und K. mbH, F (GMK) befristet als Zusteller beschäftigt. Sie legten einen ab dem 01.06.2017 gültigen Mietvertrag über eine 72 m² große Wohnung in der C-straße 00, I mit einer monatlichen Gesamtmiete von 520 EUR (385 EUR Grundmiete, 60 EUR Betriebskostenvorschuss, 75 EUR Heizkostenvorschuss) vor. Ferner wurde ein Kindergeldbescheid der Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord vom 07.11.2016 vorgelegt, mit dem die bewilligten Kindergeldleistungen für die Antragsteller zu 2) bis 4) und das Geschwisterkind O G ab November 2016 aufgehoben wurden. Zur Begründung wurde in dem Aufhebungsbescheid der Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord aufgeführt, dass die für den Kindergeldbezug notwendige Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis nicht mehr bestehe, da die Freizügigkeit mit Verfügung der Ausländerbehörde vom 10.10.2016, zugestellt am 18.10.2016, durch die Stadt H aufgehoben worden sei.
Die Antragsteller zu 2) bis 4) besuchten bei Antragstellung noch die H-grundschule V. Für den Antragsteller zu 3) lag eine Schulanfängeranmeldung für diese Schule für das Schuljahr 2017/18 vor. Die Antragsteller 2) und 3) wechselten später auf die Grundschule Q, I. Der Antragsteller zu 4) wechselte nach dem Umzug nach I auf die Grundschule K in I.
Eine Statusanfrage des Antragsgegners im Registerportal des Bundesverwaltungsamtes vom 21.06.2017 ergab, dass hinsichtlich der Antragsteller zu 2) bis 4) sowie Frau F G und O G mit Bescheiden der Ausländerbehörde H vom 10.10.2016 nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt und am 18.10.2016 die Ausweisung für sofort vollziehbar erklärt wurde.
Mit Bescheiden vom 18.07.2017, 18.09.2017, 28.12.2017 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern, Frau F G und O G zunächst SGB II-Leistungen in der Zeit vom 01.06.2017 bis 30.11.2017 unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens bei der GMK. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs vom 05.01.2018 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) und Frau F G mit, dass vor Klärung des Aufenthaltsrechts eine weitere Leistungsgewährung nicht in Betracht komme.
Am 14.04.2018 wurde die jüngste Tochter des Antragstellers zu 1) und Schwester der Antragsteller zu 2) bis 4), B G, geboren. Frau F G wurde deswegen für die Zeit vom 14.04.2018 bis 13.04.2019 Elterngeld in Höhe von 300 EUR monatlich von der Stadt I bewilligt.
Mit Bescheid vom 25.04.2018 lehnte der Antragsgegner die weitere Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Antragsteller sowie F G, O G und B G ab. Der Antragsteller zu 1) und Frau F G hätten zuletzt ein Beschäftigungsverhältnis nicht mehr nachgewiesen und für die Antragsteller zu 2) bis 4) und Frau F G sei die Freizügigkeit mit der Ausreiseaufforderung der Stadt I entzogen worden. Die Antragsteller und ihre Familienangehörigen hätten nach § 6 Ab...