Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Kostentragungspflicht des Beklagten trotz Obsiegens des Klägers

 

Orientierungssatz

1. Bei der Kostenentscheidung des Gerichts nach § 193 SGG ist u. a. das Verhalten der Verfahrensbeteiligten zu würdigen. Auch wenn der Kläger letztlich mit seinem Begehren durchdringt, sind die Gründe für die Klageerhebung und für die Erledigung des Rechtsstreits zu berücksichtigen. Für die Kostenentscheidung ist im Übrigen wesentlich, ob sich die Sach- und Rechtslage nach Erlass des Bescheides geändert hat. Trägt ein Beteiligter dem sofort Rechnung, so hat er gfs. keine Kosten zu tragen.

2. Ist in einem Verfahren des Schwerbehindertenrechts eine wesentliche Änderung eingetreten und hat der Beklagte hierauf unverzüglich mit einem Regelungsangebot reagiert und ein entsprechendes Anerkenntnis erteilt, dann ist es nicht gerechtfertigt, dem Beklagten außergerichtliche Kosten des Klägers, auch nicht teilweise, aufzuerlegen.

3. Im Übrigen ist vom Antragsteller zu verlangen, dass er bei Stellung eines Feststellungs- oder Änderungsantrags den Fragebogen der Behörde korrekt und umfassend ausfüllt. Geschieht dies nicht, so kann er sich im nachfolgenden Gerichtsverfahren nicht darauf berufen, der Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und damit die Klage veranlasst.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 17.11.2005 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Auf ihren im Juli 2004 gestellten Antrag stellte der Beklagte nach Beiziehung des Entlassungsberichts der K-Klinik, Bad N, über das im Mai/Juni 2004 durchgeführte stationäre Heilverfahren sowie Einholung des Befundberichts des Internisten Dr. K und Auswertung dieser Unterlagen mit Bescheid vom 28.09.2004 und Widerspruchsbescheid vom 03.11.2004 den Grad der Behinderung (GdB) mit 30 fest. Dabei berücksichtigte er folgende Funktionsstörungen:

1. Diabetes mellitus Typ II durch Diät und Insulininjektion eingestellt

2. Speiseröhrenentzündung

3. Wirbelsäulenfunktionsstörung bei Verschleiß mit Nervenreizungen, Bandscheibenvorwölbung

4. Bluthochdruck.

Der Gesundheitsstörung zu 1) hat der beratende Arzt des Beklagten ein GdB von 30 und den übrigen Gesundheitsstörungen jeweils einen GdB von 10 beigemessen.

Mit ihrer beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhobenen Klage hat die Klägerin einen GdB von 50 geltend gemacht. Das SG hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M vom 10.02.2005 eingeholt. Dieser hat die Feststellungen des beratenden Arztes des Beklagten im wesentlichen bestätigt; sollte sich als weitere Gesundheitsstörung eine Polyneuropathie nachweisen lassen, zu deren Abklärung von Seiten des Hausarztes weitergehende neurologische Untersuchungen in die Wege geleitet seien, lasse sich aufgrund deren eher nur geringen Ausprägung ein höherer GdB nicht rechtfertigen. In dem dann von der Klägerin übersandten Arztbrief des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G ist aufgrund der Untersuchung am 08.03.2005 die Diagnose einer Polyneuropathie bei Diabetes mellitus bestätigt worden. Auf den Hinweis des SG, die Auswirkungen der nunmehr gesicherten Polyneuropathie habe der gerichtliche Sachverständige M in seinem Gutachten bereits berücksichtigt, beantragte die Klägerin eine Begutachtung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Chirurgen Dr. R und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. Der Sachverständige R hat ein Gesamt-Wirbelsäulen-Syndrom, ein Schulter-Arm-Syndrom mit Teilsteife sowie Funktionsstörungen im Hüft-Knie-Fußbereich festgestellt und diesen jeweils einen GdB von 20 beigemessen. Der Sachverständige K hat ein psychovegetatives und seelisches Störungssyndrom sowie ein Polyneuropathie-Syndrom diagnostiziert und mit jeweils einem GdB von 20 bewertet. Unter Einbeziehung der auf chirurgischem und internistischem Gebiet festgestellten Funktionsstörungen (Diabetes mellitus 30, Bluthochdruck 10 und Refluxkrankheit 10) hat er den Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt. Das Angebot des Beklagten, den GdB ab März 2005 mit 50 festzustellen, weil ab diesem Zeitpunkt die Polyneuropathie aktenkundig sei, hat die Klägerin angenommen. In der dem Angebot zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. C sind folgende Funktionsstörungen berücksichtigt worden:

1. Funktionsstörung der Wirbelsäule

GdB 20

2. Schulter-Arm-Syndrom

GdB 20

3. Funktionseinschränkung der unteren Gliedmaße bei degenerativen Veränderungen und Fußfehlform, Polyneuropathie

GdB 30

4. Zuckerkrankheit

GdB 30

5. Seelische Störungen

GdB 20

6. Refluxkrankheit

GdB 10

7. Bluthochdruck

GdB 10.

Eine Kostenübernahme hat der Beklagte abgelehnt, weil die angefochtenen Bescheide im Zeitpunkt ihrer Erteilung rechtens gewesen seien und sein Angebot auf einer nachträglichen Änderung beruhe, der auch in einem Verwaltungsverfahren Rechnung getragen worden wäre. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass auch in einem solchen Fall der Beklagte zumindest einen Teil der Kosten tragen müsse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?