Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung der im einstweiligen Rechtsschutz anfallenden Rechtsanwaltsgebühren
Orientierungssatz
1. Es ist unzutreffend, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG für ein Eilverfahren allein aufgrund des Umstands, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt, generell auf 2/3 zu kürzen ist. Handelt es sich im konkreten Fall um ein Verfahren leicht unterdurchschnittlicher Bedeutung, so ist bei bewilligter Prozesskostenhilfe der Ansatz einer Verfahrensgebühr von 187,50 €. gerechtfertigt.
2. Eine Terminsgebühr für das Mitwirken an einer auf Verfahrensvermeidung oder Verfahrenserledigung gerichteten anwaltlichen Besprechung kann nur in Verfahren entstehen, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder ausnahmsweise ein gerichtlicher Termin anberaumt worden ist. Damit kann eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur dann entstehen, wenn tatsächlich ein gerichtlicher Termin anberaumt worden ist.
3. Auch eine sog. fiktive Terminsgebühr kann im Eilrechtsschutz nicht anfallen. Eine solche Gebühr entsteht, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Weil ein Rechtsanwalt eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch sein prozessuales Verhalten nicht verhindern kann, kann auch die sog. fiktive Terminsgebühr nicht entstehen.
4. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV RVG fällt an, wenn das gerichtliche Verfahren nach Erlass eines stattgebenden Verwaltungsaktes durch eine prozessuale Erklärung gegenüber dem Gericht beendet wird. Nicht dagegen dann, wenn die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens erst durch eine Sachentscheidung eingetreten ist.
5. Der Gebührentatbestand der Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1000 VV RVG entsteht als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages nur dann, wenn durch ihn der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.06.2010 geändert. Die Vergütung des Beschwerdegegners wird auf 246,93 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum 23.10.2008 stellte das Energieversorgungsunternehmen die Lieferung von Strom an den Antragsteller ein. Durch Bescheid vom 31.10.2008 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers vom 24.10.2008 auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 740,86 EUR zwecks Deckung von Energiekostenrückständen nach § 23 Abs. 1 SGB II ab. Hiergegen legte der Antragsteller am 03.11.2008 Widerspruch ein. Bei einer Vorsprache am 13.11.2008 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Abschlagszahlung für November 2008 von 120,00 EUR als Darlehen und erklärte sich mit den zuvor zwischen dem Beschwerdegegner und dem Antragsgegner vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten einverstanden. Er erklärte, dass durch die Gewährung des Darlehens mit den entsprechenden Vereinbarungen und der Wiederherstellung der Energiezufuhr sein Begehren aus dem Eilantrag grundsätzlich gegenstandslos geworden sei. Der Beschwerdegegner werde sich in dieser Angelegenheit mit dem Sozialgericht in Verbindung setzen. Durch Bescheid vom 20.11.2008 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 740,86 EUR nach § 23 Abs. 1 SGB II und verfügte die Aufrechnung der Darlehensforderung in monatlichen Raten von 35,10 EUR mit den künftigen Leistungen ab dem 01.12.2008.
Am 05.11.2008 beantragte der Antragsteller, der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm ein Darlehen in Höhe von 740,86 EUR nach § 23 Abs. 1 SGB II zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom 17.11.2008 zeigte der Antragsgegner an, dass eine außergerichtliche Einigung mit der Gegenseite erfolgt sei, nachdem am 13.11.2008 eine Vereinbarung über die Bedingungen und die Rückzahlungsmodalitäten für das beantragte Energiekostendarlehen mit dem Antragsteller und dem Beschwerdegegner getroffen worden sei. Die Energiezufuhr sei am 14.11.2008 durch den Energieversorger wiederhergestellt worden. Mit Verfügung vom 18.11.2008 wurde der Schriftsatz mit der Anfrage, ob der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für erledigt erklärt werde, vom Sozialgericht an den Beschwerdegegner weitergeleitet. Mit Schriftsatz vom 12.12.2008, eingegangen bei Gericht am 15.12.2008, übersandte der Beschwerdegegner die vollständig ausgefüllte Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erklärte, dass er nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für erledigt erklären werde.
Durch Beschluss vom 10.12.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Beschluss wurde am 18.12.2008 abgesandt. Durch Beschluss vom 18.12.200...