Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Voraussetzungen. anderweitige Erledigung. Antragsrücknahme. Erledigungserklärung
Orientierungssatz
1. Nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 GKG setzt das Sozialgericht den Streitwert fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.
2. Rücknahme einerseits und Erledigungserklärung andererseits schließen sich als unterschiedliche Prozesserklärungen gegenseitig aus.
3. Eine Auslegung der Erledigungserklärung als Rücknahme scheidet aus. Der Ausnahmefall einer durch die Erledigungserklärung verdeckten Antragsrücknahme liegt nur dann vor, wenn der Antragsteller die Rechtsverfolgung aufgibt, obwohl der Rechtstreit in Wirklichkeit noch nicht erledigt ist, um auf diese Weise die Kostenfolge einer Rücknahme zu umgehen (Anschluss an BVerwG Beschluss vom 24.6.2008 - 3 C 5/07).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2014 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin wehrt sich gegen die Streitwertfestsetzung im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz.
Mit Bescheid v. 4.3.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 6.6.2013 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Zahlung von 450.339,01 EUR (Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 265.866,01 EUR zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 184.473,00 EUR). Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Antragsteller am 19.6.2013 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln mit dem Antrag erhoben, den angefochtenen Bescheid (in vollem Umfang) aufzuheben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er vorgetragen, es sei nur ein Teil des Betrages streitig. Sollte die Antragsgegnerin sich einverstanden erklären, die Sozialabgaben entsprechend der festgesetzten Lohnsteuer mit einer Quote von 42,5 % festzusetzen, d.h. auf 112.993,05 EUR zuzüglich der entsprechend reduzierten Säumniszuschläge, könne der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden. Mit einigen betroffenen Einzugsstellen seien Ratenzahlungsvereinbarungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens getroffen worden (Schriftsätze v. 13.8. und 23.9.2013).
Am 22.9.2014 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren als "zumindest teilweise" rechtswidrig erweisen werde. Eine Forderung der Antragsgegnerin, die höher als die von ihm geleisteten Ratenzahlungen (nach eigenen Angaben 89.350,00 EUR bis September 2014) sei, bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht. Das zunächst unterbreitete Angebot zur vergleichsweisen Zahlung eines Betrages entsprechend dem Schriftsatz v. 13.8.2013 könne nicht aufrechterhalten werden. Für den Fall einer Festsetzung der noch zu zahlenden Sozialabgaben in Höhe von 21,25 % und entsprechender Anpassung der Säumniszuschläge könne der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.
Mit Schriftsatz v. 26.11.2014 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, sie sehe das Verfahren als erledigt an, da die Beiträge teilweise bereits gezahlt seien und die Einzugsstellen der Stundung zustimmten. Der Antragsteller solle aufgefordert werden, den Antrag zurückzunehmen. Mit Schriftsatz v. 8.12.2014 hat sie mitgeteilt, sie halte die Sache für entscheidungsreif.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz v. 11.12.2014 das Verfahren für erledigt erklärt, nachdem die Zustimmung zur Stundung erklärt worden sei. Diesen Schriftsatz hat das SG der Antragsgegnerin mit dem Hinweis übermittelt, das Verfahren sei durch Antragsrücknahme erledigt. Schriftsatz und Hinweis sind der Antragsgegnerin am 5.1.2015 zugestellt worden.
Mit Beschluss v. 12.12.2014 hat das SG den Streitwert endgültig auf 112.584,75 EUR (ein Viertel der vollen Beitragsnachforderung einschließlich Säumniszuschläge) festgesetzt. Auf die Begründung des Beschluss wird Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 9.1.2015 Beschwerde erhoben. Der Streitwert sei auf 93.457,89 EUR festzusetzen, da im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz von der Gesamtforderung von 450.339,01 EUR die nach Auskunft der Einzugsstellen bereits gezahlten Beträge (nach Aktenlage insgesamt 78.802,44 EUR) abzusetzen seien. Der verbleibende Betrag von 373.831,57 EUR sei zu vierteln. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz sei noch nicht abgeschlossen, vielmehr bedürfe es nach wie vor einer gerichtlichen Entscheidung.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Vermerk v. 20.1.2015).
Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Es sei nicht nachvo...