Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen Rückforderung von Leistungen nach dem AsylbLG
Orientierungssatz
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die angeordnete sofortige Vollziehung eines Rückforderungsbescheides über Leistungen nach dem SGB 2 ist wiederherzustellen, wenn das Interesse des Adressaten an der aufschiebenden Wirkung das Vollzugsinteresse der Behörde überwiegt.
2. Bilden Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG eine Einstandsgemeinschaft, so sind deren Unterkunftskosten zu quoteln. Aus einem entsprechenden Rückforderungsbescheid muss deshalb genau hervorgehen, welcher Erstattungsbetrag jeweils auf den Einzelnen entfällt. Wird aber jeder der Berechtigten für den gesamten Erstattungsbetrag als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, so ist wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit des ergangenen Bescheides dem Adressaten einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 12.02.2007 wird zurückgewiesen. Den Antragstellern sind auch im Beschwerdeverfahren Kosten zu erstatten. Den Antragstellern wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin U aus L Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens bewilligt.
Gründe
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die vom Sozialgericht Köln angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid vom 19.01.2007. Die Antragsteller bezogen seit 1997 Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) von der Antragsgegnerin. Mit Bescheid vom 28.09.2006 wurde ihnen mitgeteilt, dass die Leistungen zum 01.08.2006 wegen Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit eingestellt werden. Hiergegen erhoben die Antragsteller Widerspruch. Ferner wurde ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (Sozialgericht Köln, Az: S 10 AY 26/06 ER). Der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.11.2006, in dem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wurde, den Antragstellern vom 11.10.2006 bis zum 31.12.2006 Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren, wurde durch Beschluss des Senats vom 02.03.2007 (L 20 B 68/06 AY ER) geändert, und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde abgelehnt.
Am 10.01.2007 wurde bei den Antragstellern ein Hausbesuch durchgeführt, bei dem u.a. festgestellt wurde, dass sich in der Wohnung ein Flachbildschirmfernseher sowie weitere Vermögenswerte befanden. Am 18.01.2007 erfolgte unter Beteiligung der Polizei ein weiterer Hausbesuch zur Pfändung der vorgefundenen Vermögenswerte. Gepfändet wurden ein Flachbildschirmfernseher, ein Pocketbike, ein Laptop, eine Playstation II- Spielkonsole sowie sechs Playstationen II-Spiele. Die Antragsteller bestreiten, dass diese Gegenstände in ihrem Eigentum ständen.
Mit Bescheid vom 19.01.2007 nahm die Antragsgegnerin den für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 (konkludent) erteilten Bescheid über die Übernahme der Nutzungsgebühren für Dezember 2006 für die Unterkunft in der S Straße 00, L zurück. Zugleich wurden von der Antragstellerin zu 1. auch als Vertreterin der Antragsteller zu 2. bis 4. die bezogenen Leistungen in Höhe eines Betrages von 782,91 EUR gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehnter Teil - SGB X -, § 50 SGB X zurückgefordert. In der Begründung wurde ausgeführt, die beschlagnahmten Vermögenswerte hätten einen Wert von 782,91 EUR. Das Vermögen hätte zur Bestreitung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden müssen. Die sofortige Vollziehung des Rückforderungsbescheides wurde angeordnet.
Gegen den Rückforderungsbescheid erhoben die Antragsteller Widerspruch und machten geltend, bis auf den defekten Kinderlaptop, der vom Sperrmüll stamme, gehörten die vorgefundenen Vermögenswerte der inzwischen nach Serbien-Montenegro abgeschobenen "Schwiegertochter" der Antragstellerin zu 1. bzw. deren Kindern.
Die Antragsteller haben am 23.01.2007 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie beziehen sich auf ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und haben beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 23.11.2006 gegen den Bescheid vom 19.01.2007 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen. Sie verweist darauf, dass die Antragstellerin zu 1. während des Hausbesuches und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens widersprüchliche Angaben gemacht habe. Sie gehe davon aus, dass es sich bei deren Vorbringen zum Eigentum an den gepfändeten Gegenständen um Schutzbehauptungen handele.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 12.02.2007 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.01.2007 gegen den Bescheid vom 19.01.2007 wiederhergestellt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten der Antragsteller ausgehe. Es lasse sich nicht abschließend feststellen, ob die Bewilligung der Unterkunftsleistungen rechtswidrig gewesen sei. In wessen Eigentum die vorgefundenen Vermögenswerte ständen, begründe Aufklärungsbedarf, so dass eine offensichtliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides...