Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkret drohende Wohnungslosigkeit als Voraussetzung der Übernahme von Mietschulden durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. In einem auf die Gewährung laufender Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist ein Anordnungsgrund erst dann gegeben, wenn eine konkrete Wohnungslosigkeit droht. Das ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn der Vermieter Räumungsklage erhoben hat. Bis zu einer solchen Räumungsklage ist es dem Leistungsberechtigten zumutbar, zunächst ein Hauptsacheverfahren zu betreiben.
2. Sofern ein Leistungsberechtigter wegen geänderter Leistungsvoraussetzungen Leistungen des Grundsicherungsträgers begehrt, ist er verpflichtet, zunächst einen Neuantrag beim Grundsicherungsträger zu stellen. Im Eilverfahren fehlt ihm hierfür das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Solange er diese ihm zumutbare Möglichkeit nicht ausschöpft, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erlangen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.09.2011 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen.
Die 1979 geborene Antragstellerin polnischer Staatsangehörigkeit bezog von dem Antragsgegner von Februar bis Juli 2011 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (zuletzt Bewilligungsbescheid vom 20.05.2011). Die mit Antrag vom 02.08.2011 von der Antragstellerin begehrte Fortzahlung der Leistungen lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 04.08.2011 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ab. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.08.2011, eingegangen am 02.09.2011 Widerspruch ein. Am 01.09.2011 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf Eilantrag auf Leistungsgewährung rückwirkend ab 01.08.2011 gestellt.
Das SG hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 27.09.2011 verpflichtet, der Antragstellerin für den Monat September 2011 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 534,00 Euro (Regelleistung 364,00 Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 170,00 Euro) zu bewilligen. Soweit die Antragstellerin im Eilverfahren Leistungen bereits ab 01.08.2011 begehre, sei der Eilantrag unbegründet, da ihm ein Anordnungsgrund fehle. Leistungen könnten grundsätzlich frühestens ab Antragstellung im Gerichtsverfahren (hier: 01.09.2011) gewährt werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich eine mögliche Notlage aus August 2011 auch auf den künftigen Zeitraum erstrecke, seien vorliegend nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Monats September sei der Antrag begründet. Ob ein Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greife, könne im Rahmen des Eilverfahrens nicht abschließend geklärt werden. Zweifelhaft sei, ob der normierte Leistungsausschluss nicht gegen Europarecht verstoße. Eine Regelung über September 2011 hinaus sei nicht getroffen worden, da die Antragstellerin im Oktober 2011 wohl eine Ausbildung beginne und der Ausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II dann ohnehin nicht mehr in Betracht komme.
Gegen den ihr am 30.09.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 10.10.2011 Beschwerde eingelegt. Leistungen seien bereits ab August 2011 zu bewilligen. Eine besondere Notlage ergebe sich daraus, dass ihr Vermieter ihr fristlos zum 30.09.2011 bzw. nach einem Gespräch zum 31.10.2011 gekündigt habe. Im Übrigen habe sie zum 01.10.2011 eine neue Arbeitsstelle angetreten und werde einen neuen Leistungsantrag stellen. Die im August 2011 gewährten Leistungen seien zu gering. Anstelle der angesetzten 170,00 Euro fielen tatsächlich 340,00 Euro an Mietkosten für die Wohnung an.
Die Antragstellerin beantragt schriftlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.09.2011 zu ändern und den Antragsgegner zu verurteilen, ihr ab 01.08.2011 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er sieht den angefochtenen Beschluss - in der Gestalt des am 04.10.2011 erlassenen Widerspruchsbescheides - als zutreffend an.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung höherer Leistungen bzw. zur Zahlung von Leistungen in einem anderen Zeitraum als September 2011.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Rege...