Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen und Höhe der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglichen Rechtsanwaltsgebühren
Orientierungssatz
1. Der Umstand allein, dass ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz betrieben wird, rechtfertigt eine Kürzung der Verfahrensgebühr nicht. Der kürzeren Verfahrensdauer steht regelmäßig die gedrängte Bearbeitung und die Dringlichkeit gegenüber. Bei einem leicht unterdurchschnittlichen Umfang und einer ebensolchen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist für ein Verfahren des Grundsicherungsrechts eine Verfahrensgebühr von 200.- €. angemessen.
2. Eine fiktive Terminsgebühr fällt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht an. Weil die Beteiligten des Verfahrens eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern können, besteht keine Notwendigkeit, eine fiktive Terminsgebühr zu gewähren, um prozessökonomisches Verhalten des Anwalts nicht zu benachteiligen. Nimmt dieser zur Erledigung des Eilverfahrens ein Anerkenntnis an, so fällt dadurch eine fiktive Terminsgebühr nicht an.
3. Zum Entstehen der Erledigungsgebühr ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten wird. Ein besonderes Bemühen im Rahmen der Begründung reicht hierzu nicht aus.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 30.10.2008 geändert. Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 261,80 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Detmold für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 21.08.2008 hat das SG dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt G beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens machte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 02.09.2008 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:
Verfahrensgebühr gemäß § 49 RVG i.V.m. Nr. 3102 VV RVG 250,00 Euro
Terminsgebühr gemäß § 49 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 89,30 Euro
Summe 559,30 Euro
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.09.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 145,00 Euro
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Nettobetrag 165,00 Euro
19% Mehrwertsteuer 31,35 Euro
Gesamtbetrag 196,35 Euro
Zur Begründung führte er aus, die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers angesetzte Gebühr sei unbillig. Die Verfahrensgebühr sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren niedriger anzusetzen als im Hauptsacheverfahren, wobei er das arithmetische Mittel zwischen Mindest- und Mittelgebühr für angemessen hielt. Des Weiteren verneinte er die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 14.10.2008 die als sofortige Beschwerde bezeichnete Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, dass die Ausführungen zur Unterschiedlichkeit des Hauptsacheverfahrens und des Eilverfahrens nicht verständlich seien. Zudem sei eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entstanden, weil der Rechtsstreit durch ein Anerkenntnis der Antragsgegnerin beendet worden sei.
Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 30.10.2008 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.09.2008 abgeändert und die zu erstattenden Kosten und Auslagen auf 226,10 Euro wie folgt festgesetzt:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG 170,00 Euro
Postgebührenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Umsatzsteuer auf die Vergütung Nr. 7008 VV RVG 36,10 Euro
Gesamtbetrag 226,10 Euro
Die weitergehende Erinnerung hat das SG zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Umstand allein, dass ein Verfahren gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG betrieben worden ist, eine Kürzung nicht rechtfertige. Gleichwohl sei die Mittelgebühr unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG zu unterschreiten. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht entstanden. Das Verfahren sei nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis, sondern durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung beendet worden.
Gegen den ihm am 10.11.2008 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 21.11.2008 Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass im vorliegenden Fall die Mittelgebühr in Höhe von 250,00 Euro in Ansatz zu bringen sei, weil von einem durchschnittlichen Fall auszugehen sei. Auch läge ein Anerkenntnis vor. So habe die Antragsgegnerin die vom Antragsteller beantragten Leistungen bewilligt. Für den Fall, das...