Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum. ärztliche Leitung. Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für eine rechtswirksame Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen ist ua die unterschriftliche Bestätigung der Gesamtaufstellung, dass der Unterzeichner die Verantwortung für die Erfüllung der Abrechnungsvoraussetzungen trägt. Bei einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und bei Krankenhäusern ist die Unterschrift des ärztlichen Leiters erforderlich.
2. Die ärztliche Leitung muss sich auf den fachlich-medizinischen Teil erstrecken. Der ärztliche Leiter muss nicht auf der Ebene des Vorstands oder der Geschäftsführung des jeweiligen MVZ angesiedelt sein. Er muss aber in die Leitung des MVZ eingebunden und für den fachlich-medizinischen Bereich zuständig sein. Das MVZ trifft insoweit die Verantwortung dafür, einen geeigneten ärztlichen Leiter zu bestellen und über diesen eine wahrheitsgemäße Sammelerklärung abzugeben.
3. Ist die der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) von dem MVZ vorgelegte Abrechnungs-Sammelerklärung nicht von dessen ärztlichem Leiter unterschrieben, so ist sie fehlerhaft, mit der Folge, dass der vom MVZ geltend gemachte Honoraranspruch nicht entstanden ist. Hat die KÄV insoweit bereits Leistungen erbracht, so ist das MVZ zur Rückerstattung verpflichtet.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.07.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 13.581, 98 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist eine Honorarrückforderung für die Quartale II/2013 und III/2013. Die Antragstellerin ist ein in L ehedem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Die für die Quartale II/2013 bis IV/2013 erteilten Honorarbescheide hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12.02.2014 auf und forderte Honorar in Höhe von insgesamt 153.611,64 EUR zurück. Die von der Antragstellerin bestellte und vom Zulassungsausschuss bestätigte ärztliche Leiterin des MVZ habe erklärt, zu keiner Zeit ärztliche Leiterin gewesen zu sein und die Gesamtaufstellungen nicht unterschrieben gehabt zu haben. Die Gesamtaufstellungen entsprächen daher nicht den Vorgaben des § 1 Abs. 4 Honorarverteilungsmaßstab (HVM), wonach bei einem MVZ die Unterschrift des ärztlichen Leiters erforderlich sei. Infolge nicht ordnungsgemäßer Gesamtaufstellung sei der Honoraranspruch nicht entstanden.
Mit Bescheid vom 14.02.2014 hob die Antragsgegnerin die Honorarbescheide für die Quartale II/2013 und III/2013 auf und forderte das insoweit ausgekehrte Honorar von 135.819,69 EUR zurück. Die Begründung des Bescheides ist wortidentisch mit jener des Bescheides vom 12.02.2014.
Der Widerspruch vom 10.03.2014 gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 12.02.2014 blieb erfolglos. In der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2014 führte die Antragsgegnerin aus:
"Mit Ihrem Widerspruch vom 10.03.2014 wenden Sie sich gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der KV Nordrhein, Bezirksstelle L vom 26.11.2013. Über den Widerspruch hatte die Widerspruchsstelle bei der Bezirksstelle zu entscheiden (§ 4 Abs. 6 der Satzung). Der in Rede stehende Bescheid vom 12.02.2014 wurde mit Schreiben vom 14.02.2014 von Amts wegen aufgehoben. Der Widerspruch musste daher mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen werden."
Der Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 14.02.2014 blieb gleichermaßen erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.06.2014).
Hiergegen richtet sich die unter dem Aktenzeichen S 33 KA 288/14 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängig gemachte Klage.
Die Antragsgegnerin betreibt die Zwangsvollstreckung. Die Beschwerdeführerin hat hierauf am 11.05.2015 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf einstweiligen Rechtsschutzes durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid beantragt. Sie hat geltend gemacht: Zutreffend sei, dass nicht der ärztliche Leiter sondern ihr Geschäftsführer die Sammelerklärungen unterschrieben habe. Das sei rechtlich geboten. Der Rückforderungsbescheid sei daher offenkundig rechtswidrig. Durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 - sei unmissverständlich geklärt, dass nicht der ärztliche Leiter in einem MVZ, sondern allein und ausschließlich das MVZ selbst für die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung verantwortlich sei. § 1 Abs. 4 HVM widerspreche damit der bestehenden Gesetzeslage und der Rechtsprechung des BSG. Die Honorarrückforderung sei offensichtlich unverhältnismäßig und eine Ermessensentscheidung nicht ersichtlich. Die Vollziehung des Bescheides sei eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte und führe zu einer konkreten Existenzgefährdung, die eine Schließung des MVZ mit dem Risiko einer Insolvenz ...