Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Grundsicherungsträgers nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist erforderlich, dass der Antragsteller massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse darlegt.
2. An dem insoweit erforderlichen Anordnungsgrund fehlt es, wenn der Antragsteller über ein Pfändungsschutzkonto verfügt. Mit einem ihm darin eingeräumten Sockelbetrag von 1.250,- €. kann er seine monatlichen Ausgaben bestreiten.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 18.08.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Sozialgericht einen gegen Vollstreckungsmaßnahmen der Antragsgegnerin gerichteten Eilantrag abgelehnt hat.
Der Antragsteller bezog im Zeitraum vom 01.05.2010 bis zum 31.03.2011 von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 18.04.2011 hob die Antragsgegnerin die an den Antragsteller ergangenen Bewilligungsbescheide vom 22.04.2010, 22.07.2010, 24.08.2010, 16.11.2010 und 24.01.2011 für den vorgenannten Zeitraum auf und forderte vom Antragsteller einen Erstattungsbetrag von 4.564 EUR. Die Antragstellerin begründete die Aufhebung damit, dass der Antragsteller seine Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit nicht dargelegt habe.
Der Antragsteller verzog am 01.06.2011 nach F. Mit Schreiben vom 08.08.2011 und 20.01.2012 bat die Antragsgegnerin die Stadtkasse F im Wege eines Amtshilfeersuchens, den Betrag von 4.682,50 EUR (Hauptforderung zuzüglich Mahngebühren iHv 51 EUR, Pfändungsgebühren iHv 65 EUR und Wegegeld iHv 2,50 EUR) vom Antragsteller beizutreiben. Gemäß Vermerk der Antragsgegnerin vom 21.06.2012 verliefen die Bemühungen erfolglos. Der Antragsteller habe am 22.03.2010 die eidesstattliche Versicherung abgegeben und sei unpfändbar. Auch ein Aufrechnungsersuchen der Antragsgegnerin an die Stadt F, von der der Antragsteller Leistungen bezog, verlief ohne Erfolg. Der Antragsteller gab am 08.11.2012 erneut die eidesstattliche Versicherung ab. Mit Verfügung vom 30.04.2013 schlug die Antragsgegnerin die Forderung bis zum 31.12.2016 befristet nieder. Ein weiteres Amtshilfe- bzw. Auskunftsersuchen der Antragsgegnerin an die Stadt F erging am 10.02.2017. Mit Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 31.07.2017 pfändete die Antragsgegnerin die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Antragstellers gegen die Sparkasse U iHv 4.808,28 EUR (Hauptforderung 4.564 EUR, Mahngebühren 169,50 EUR, Vollstreckungskosten 8,78 EUR, Pfändungsgebühren 66 EUR). Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung wurde auch der Sparkasse U zugestellt. Ein Beitreibungsversuch verlief erneut erfolglos. Einen gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung per E-Mail eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit unangefochten gebliebenem Widerspruchsbescheid vom 13.09.2017 als unzulässig zurück. Die Forderung wurde in der Folge erneut - nunmehr bis zum 31.03.2021 - befristet niedergeschlagen.
Nach Fristablauf forderte die Antragsgegnerin mit Mahnschreiben vom 26.04.2021 vom Antragsteller erneut die Zahlung des Betrages von 4.860,08 EUR bis zum 03.05.2021 (Hauptforderung 4.564 EUR, Mahngebühr 51 EUR, Auslagen 0,80 EUR, Mahngebühr 244,28 EUR) an. Mit Schreiben vom 15.06.2021 erinnerte die Antragsgegnerin den Antragsteller an die Zahlung und setzte eine erneute Frist bis zum 22.06.2021. Am 29.06.2021 erließ die Antragsgegnerin im Hinblick auf die mit Bescheid vom 18.04.2011 geltend gemachte Forderung eine weitere Pfändungs- und Überweisungsverfügung, nunmehr über einen Gesamtbetrag von4.937,38 EUR. Die Sparkasse U teilte der Antragsgegnerin hierauf mit, der Antragsteller verfüge über ein Pfändungsschutzkonto und es lägen fünf vorrangige Forderungen iHv insgesamt 6.739,97 EUR vor, so dass die Forderung momentan nicht beigetrieben werden könne. In diesen Forderungen war die auch mit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 31.07.2017 geltend gemachte - identische - Forderung aus dem Bescheid vom 18.04.2011 enthalten. Die Antragsgegnerin hob am 05.07.2021 die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 29.06.2021 auf.
Am 21.07.2021 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Münster beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen "sofort einzustellen sowie die Rückforderung des streitigen Betrages ruhen zu lassen, bis über die Angelegenheit rechtskräftig entschieden worden ist". Er habe bislang keine Bescheide erhalten, aus denen sich der Grund der Rückforderung ergebe.
Am 03.08.2021 sind zwei Beträge vom Konto des Antragstellers gepfändet worden, n...