Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtskostenfreiheit für das Statusfeststellungsverfahren des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Ist der Kläger Versicherter i. S. von § 183 S. 1 SGG, so ist er kostenprivilegiert. Das ist u. a. in einem Statusfeststellungsverfahren, in welchem der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH die Feststellung begehrt, dass er in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.

2. Die für den Kläger bestehende Gerichtskostenfreiheit erstreckt sich wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch auf die an und für sich kostenpflichtige GmbH als Klägerin, für die der Geschäftsführer tätig ist, es sei denn, es liegt eine objektive Klagenhäufung verschiedener, voneinander zu trennender Streitgegenstände vor.

3. Ist das Verfahren insgesamt gerichtskostenfrei, so kommt auch eine Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der GmbH nicht in Betracht.

4. Die Festsetzung des Streitwertes kann von dem Rechtsmittelgericht von Amts wegen selbst dann geändert werden, wenn durch die Änderung des Streitwertes die bereits rechtskräftig gewordene Kostenentscheidung materiell unrichtig wird.

5. Das Verbot der reformatio in peius im Rechtsmittelverfahren gilt wegen § 63 Abs. 3 GKG für die Streitwertfestsetzung nicht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2) wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 7.10.2010 aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren haben die Kläger die Aufhebung der im Wesentlichen gleich lautenden Bescheide der Beklagten vom 7.7.2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 1.10.2009 und der Bescheide vom 7.12.2009 beantragt, mit denen die Beklagte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens festgestellt hat, dass der Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin zu 2), einer GmbH, in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Zugleich haben sie übereinstimmend die Feststellung begehrt, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) bei der Klägerin zu 2) nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben und der Beklagten "die Kosten des Verfahrens einschließlich außergerichtlicher Kosten der Kläger" auferlegt (rechtskräftiges Urteil v. 13.9.2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses v. 25.11.2010). Den Entscheidungsgründen zufolge beruht die Kostenentscheidung auf § 192 (gemeint wohl: § 193) Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sodann hat das SG den "Streitwert für die Klage der Klägerin zu 2)" - mangels näherer Anhaltspunkte entsprechend dem Auffangstreitwert - auf 5.000 Euro festgesetzt (Beschluss v. 7.10.2010). Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2) Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Streitwert sei entsprechend der mit der Klage abgewehrten Belastung der Klägerin zu 2) mit Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für einen Zeitraum von drei Jahren auf 53.640 Euro festzusetzen.

Das SG hat die Beschwerde dem Landessozialgericht vorgelegt. Die Beklagte hält den Beschluss des SG für rechtmäßig. Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen meint, dass für das Klageverfahren kein Streitwert festzusetzen gewesen sei.

II.

Die zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2) ist insofern begründet, als der Streitwertbeschluss des SG vom 7.10.2010 aufzuheben ist. Dagegen ist der Streitwert nicht in der mit der Beschwerde beantragten Höhe festzusetzen, weil das vorliegende Klageverfahren nicht gerichtskostenpflichtig und daher überhaupt kein Streitwert festzusetzen ist (1.). Auch die Festsetzung eines Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2) kommt nicht in Betracht (2.). An dieser Entscheidung ist der Senat nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert (3.).

1. Die Festsetzung eines Streitwerts erfolgt nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Gerichtskostengesetz (GKG) nur dann, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

a) Im vorliegenden Fall ist der Kläger zu 1) Versicherter im Sinne von § 183 Satz 1 SGG und damit kostenprivilegiert. Denn es ist über seinen Status als Versicherter gestritten worden (vgl. BSG, Urteil v. 5.10.2006, B 10 LW 5/05 R, SozR 4-1500 § 183 Nr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 30.4.2008, L 16 B 5/07 R, juris).

b) Die für den Kläger zu 1) bestehende Gerichtskostenfreiheit erstreckt sich wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch auf die an und für sich kostenpflichtige Klägerin zu 2) (vgl. BSG, Urteil v. 26.9.2006, B 1 KR 1/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 5; Beschluss v. 26.7.2006, B 3 KR 6/06 B, SozR 4-1500 § 197a Nr. 4; Urteil v. 29.5.2006, B 2 U ...

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