Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Übernahme von Energieschulden durch den Grundsicherungsträger nach Unterbrechung der Energielieferung
Orientierungssatz
1. Ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende hat jedenfalls dann einen Anspruch auf darlehensweise Übernahme von Schulden aus Energielieferung, wenn die Stromlieferung unterbrochen wurde und durch eine Schuldentilgung dauerhaft wieder aufgenommen würde, der Grundsicherungsempfänger die aufgelaufenen Schulden nicht durch eigenes Vermögen, ggfs. unter Einsatz seines Schonvermögens, ausgleichen kann und es ihm auch nicht möglich ist, einen Liefervertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen. Dabei kommt es im Regelfall für die darlehensweise Übernahme der Schulden nicht darauf an, dass er die Entstehung der Zahlungsrückstände verursacht hat.
2. Im Falle der Unterbrechung einer Energieversorgung wegen aufgelaufener Schulden kann ein Grundsicherungsempfänger vor Inanspruchnahme eines Darlehens des Grundsicherungsträgers nicht vorrangig auf einen zivilrechtlichen Eilrechtsschutz gegen den Versorger verwiesen werden.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19.03.2014 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller für die Forderung aus Energieschulden in Höhe von 1648,50 EUR vorläufig ein Darlehen zu gewähren. Die Zahlung in Höhe von 1648,50 EUR ist unmittelbar an die Beigeladene zu leisten.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die darlehensweise Übernahme von Stromschulden bei der Beigeladenen durch den Antragsgegner.
Der 1974 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von dem Beklagten.
Mit Schreiben vom 21.11.2013 verwies die Beigeladene auf Stromschulden des Antragstellers ganz überwiegend aus zurückliegenden Zeiträumen, drohte eine Stromsperre an und verfügte diese zugleich. Die Beigeladene hat am 21.02.2014 einen Vollstreckungsbescheid aufgrund eines am 19.12.2014 zugestellten Mahnbescheides gegen den Antragsteller erlangt (Forderungen inkl. Wiederinbetriebnahmekosten 1643,27 EUR zzgl. Zinsen bis 19.12.2013 von 210,93 EUR = 1854,20 EUR).
Den Antrag auf Übernahme der Stromschulden vom 05.12.2013 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 10.12.2013 ab. Der Antragsteller habe die Rückstände selbst verschuldet.
Der Antragsteller hat am 13.12.2013 Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht (SG) gestellt und die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1648,50 EUR zur Tilgung von Stromschulden beantragt. Der Strom sei im November 2013 abgestellt worden. Er habe seit Jahren keinen Strom mehr gezahlt. Dies könne er sich nur so erklären, dass wegen seiner Selbstständigkeit immer wieder von ihm als vorrangig eingestufte Forderungen beglichen worden seien. Er befinde sich in einer schwierigen Situation, auch bedingt durch eines schwere Depression. Andere Stromanbieter wären nicht bereit gewesen, mit ihm einen Vertrag abzuschließen.
Der Antragsgegner hat betont, dass es sich um Altschulden des Antragstellers handele. Dies ergebe sich aus dem Kundenkontoauszug vom 22.11.2013, der als Summe der per 17.11.2011 offenen Beträge 1648,50 EUR liste. Der Leistungsträger sei kein "Ausfallbürge des Energieversorgungsunternehmens". Zudem habe der Antragsteller nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass er keinen Vertrag bei einem alternativen Anbieter abschließen könne.
Das SG hat die T AG mit Beschluss vom 21.02.2014 zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat in Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass ein gesetzlich in § 19 Abs. 2 Stromversorgungsverordnung verbrieftes Recht zur Einstellung der Versorgung auch für Altschulden besteht. Die Sicherstellung der Zahlung für den künftigen Verbrauch sei nicht ausreichend. Eine Ratenzahlungsvereinbarung könne nicht getroffen werden. Die Träger der Sozialhilfe seien gehalten, (Alt)Schulden zu übernehmen. Zudem würde ihre Ansicht auch von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung geteilt.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 19.03.2014 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Der Antragsteller habe nach eigenen Angaben bei drei Anbietern erfolglos versucht, einen Vertrag abzuschließen. Weitere Bemühungen seien nicht erfolgt, insbesondere nachdem der Antragsgegner den Hinweis auf den "Strom-Shop in E", der bei Wechsel des Energielieferanten behilflich sei, gegeben habe. Der Antragsteller habe auf Nachfrage des SG insoweit nicht seine Bemühungen geschildert, sondern lediglich mitgeteilt, dass ohne Begleichung der Schulden kein Wechsel möglich sei.
Gegen den am 21.03.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 26.03.2014 Beschwerde eingelegt...