Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von einstweiligem Rechtsschutz bei Verzicht der Behörde auf sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen und ist das bereits eingeleitete Anfechtungsklageverfahren deshalb entsprechend § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, so kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht bewilligt werden, weil die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) einstweilen unzulässig ist und daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Orientierungssatz
Hat sich die Behörde bereit erklärt, auf die Vollziehung eines Bescheides bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verzichten, so fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse zur Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz gegen den angefochtenen Bescheid. Dies ist solange der Fall, als die Behörde aus einer Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Folgen ableitet.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.06.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein angekündigtes Eilverfahren, in dem sie sich gegen die sofortige Vollziehung der teilweisen Aufhebung einer Zuweisung von Wohnraum nach dem AsylbLG wenden wollen.
Die Antragsteller zu 1 und 2 und ihre gemeinsamen Kinder, die Antragsteller zu 3 bis 5, sind irakischer Staatsangehörigkeit. Nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet wurden sie der Antragsgegnerin zugewiesen. Sie sind im Besitz von Duldungen.
Mit Bescheid vom 10.02.2011 wies die Antragsgegnerin den Antragstellern ab dem 14.02.2011 drei Zimmer in einem Übergangsheim zu. Die Zuweisung erfolgte unter dem Vorbehalt des Widerrufs (§ 3 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin über die Benutzung und den Betrieb von Übergangsheimen zur Unterbringung von asylbegehrenden Ausländern und ausländischen Flüchtlingen i.V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW).
Durch Bescheid vom 20.11.2014 widerrief die Antragsgegnerin die Einweisungsverfügung vom 10.02.2011 zum 30.11.2014 hinsichtlich eines Zimmers. Zur Begründung führte sie aus, dieses Zimmer werde dringend für die Unterbringung weiterer, aktuell zugewiesener Asylbewerber benötigt. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Die Maßnahme sei zur Beseitigung eines Notstandes im öffentlichen Interesse geboten. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides wurde auf die Möglichkeit der Erhebung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln hingewiesen.
Daraufhin haben die Antragsteller sich am 20.12.2014 an das VG Köln gewandt und unter Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihnen für ein - im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe - beabsichtigtes Eilverfahren, gerichtet auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer ebenfalls angekündigten Klage gegen den Widerrufsbescheid vom 20.11.2014, Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides. Mit einem an 20.04.2015 eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller den (angekündigten) Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der beabsichtigten Klage dahingehend umgestellt, dass nunmehr beabsichtigt sei, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu beantragen. Unter dem 13.02.2015 hätten sie vorsorglich Widerspruch gegen den Widerrufsbescheid vom 20.11.2014 eingelegt.
Nach Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens an das Sozialgericht (SG) Köln (durch Beschluss des VG Köln vom 13.02.2015) hat das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe für den angekündigten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.11.2014 durch Beschluss vom 10.06.2015 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Es fehle bereits an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis; denn die Antragsteller hätten gegen den Widerrufsbescheid vom 20.11.2014 bislang weder eine (unzulässige und ggf. als Widerspruch auszulegende) Klage noch Widerspruch erhoben.
Dagegen haben die Antragsteller am 12.06.2015 Beschwerde eingelegt. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Antragsteller gegen den Bescheid vom 20.11.2014 keinen Widerspruch erhoben hätten.
Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des SG für zutreffend. Ergänzend erklärt sie, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf die Vollziehung des Widerrufsbescheides vom 20.11.2014 zu verzichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von...