Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Prozesskostenhilfe bei Unzulässigkeit der Klage wegen nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens. Anfechtungsklage. Hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgeblicher Zeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen und ist das bereits eingeleitete Anfechtungsklageverfahren deshalb entsprechend § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, so kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht bewilligt werden, weil die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) einstweilen unzulässig ist und daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt u. a. eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache voraus. Fehlt es für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage in der Hauptsache an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens, so ist PKH wegen mangelnder Erfolgsaussicht zu versagen.
2. Nach § 78 Abs. 1 SGG sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes vor Erhebung der Anfechtungsklage in einem Vorverfahren zu überprüfen.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erfolgsaussicht eines PKH-Gesuchs ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen und die Klage infolgedessen unzulässig, so ist PKH zu versagen.
Normenkette
SGG §§ 73a, 54 Abs. 1, § 78 Abs. 1, § 85 Abs. 2; ZPO § 114
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.06.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein noch beabsichtigtes Klageverfahren, in dem sie sich gegen die Aufhebung der Zuweisung von Wohnraum nach dem AsylbLG wenden.
Die Antragsteller zu 1 und 2 und ihre gemeinsamen Kinder, die Antragsteller zu 3 bis 5, sind irakischer Staatsangehörigkeit. Nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet wurden sie der Antragsgegnerin zugewiesen. Sie sind im Besitz von Duldungen.
Mit Bescheid vom 10.02.2011 wies die Antragsgegnerin den Antragstellern ab dem 14.02.2011 drei Zimmer in einem Übergangsheim zu. Die Zuweisung erfolgte unter dem Vorbehalt des Widerrufs (§ 3 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin über die Benutzung und den Betrieb von Übergangsheimen zur Unterbringung von asylbegehrenden Ausländern und ausländischen Flüchtlingen i.V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW).
Durch Bescheid vom 20.11.2014 widerrief die Antragsgegnerin die Einweisungsverfügung vom 10.02.2011 zum 30.11.2014 hinsichtlich eines Zimmers. Zur Begründung führte sie aus, dieses Zimmer werde dringend für die Unterbringung weiterer, aktuell zugewiesener Asylbewerber benötigt. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Die Maßnahme sei zur Beseitigung eines Notstandes im öffentlichen Interesse geboten. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides wurde auf die Möglichkeit der Erhebung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln hingewiesen.
Daraufhin haben die Antragsteller sich am 20.12.2014 an das VG Köln gewandt und unter Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihnen für ein - im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe - beabsichtigtes Klageverfahren, gerichtet auf die Aufhebung des Widerrufsbescheides vom 20.11.2014, Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides.
Nach Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens an das Sozialgericht (SG) Köln (durch Beschluss des VG Köln) hat das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe für die angekündigte Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.11.2014 durch Beschluss vom 10.06.2015 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Es fehle bereits an der für die Zulässigkeit der Klage notwendigen Durchführung eines Widerspruchsverfahrens. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Dagegen haben die Antragsteller am 12.06.2015 Beschwerde eingelegt. Das SG sei im Rahmen eines Klageverfahrens verpflichtet, das Verfahren analog § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, um der Antragsgegnerin Gelegenheit zu geben, einen Widerspruchsbescheid zu erteilen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht könne der Klage daher nicht abgesprochen werden.
Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Den Antragstellern steht für das angekündigte Klageverfahren vor dem SG kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe zu.
Nach § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen un...