Verfahrensgang

SG Münster (Beschluss vom 18.03.1999; Aktenzeichen S 15 P 58/98)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Sozialgerichts Münster vom 18.03.1999 abgeändert.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Verfahren S 15 P 58/98 (SG Münster) zu erstatten.

 

Tatbestand

1.

Der Kläger bezog seit Mai 1995 Leistungen nach Pflegestufe III. Mit Schreiben vom 21.07.1998 teilte ihm die Beklagte mit, aufgrund des Wiederholungsgutachtens vom 01.07.1998 liege nur noch Pflegestufe II vor, die Leistungszusage werde geändert, nach Tarif stufe PVB werde ab dem 01.07.1998 ein monatliches Pflegegeld von 800 DM zu 30 %, also 240 DM, gezahlt. Am 24.11.1998 hat der Kläger Klage erhoben. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe III lägen weiter vor, im übrigen habe die Beklagte ihn nicht gem. § 24 SGB X angehört.

Zur Ermittlung des Betreuungsaufwandes hat das Sozialgericht dem Kläger den „Vordruck zur Pflegebedürftigkeit” übersandt. Unter dem 21.12.1998 haben die Bevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, die ausgefüllten Formulare zur Ermittlung des täglichen Pflegebedarfs seien unter Darlegung der Sach- und Rechtslage erörtert worden; die Klage werde zurückgenommen und der Rechtsstreit als erledigt angesehen.

Die Beklagte hat beantragt,

dem Kläger die Kosten des Rechtsstreit aufzuerlegen.

Mit Beschluß vom 18.03.1999 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Nach § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG seien die Aufwendungen der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig. Diese Regelung gelte auch für die Beklagte. Daß sie ein privates Versicherungsunternehmen sei, könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Die Leistungen der privaten Pflegeversicherung würden durch §§ 23, 110 SGB XI weitestgehend vorgeschrieben, um eine Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes zwischen der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung zu erreichen. Die einheitliche Zuweisung aller Streitigkeiten nach dem SGB XI an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwinge zu einer einheitlichen Anwendung auch der gerichtlichen Kostenvorschriften. Diese Gesetzeslücke sei durch eine logisch-systematische Auslegung zu schließen. Der Kläger könne daher nicht mit den Kosten der Beklagten für die Beauftragung eines Anwalts belastet werden.

Diese Entscheidung greift die Beklagte mit der Beschwerde an. Sie trägt vor, die Regelung des § 193 Abs. 4 SGG sei abschließend. Durch das Gesetz vom 30.03.1998 (BGBl. I S. 638) seien einige Vorschriften des SGG neu gefaßt bzw. geändert worden. Beispielsweise sei § 184 SGG dahin erweitert worden, daß neben den Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts nunmehr auch Unternehmen der privaten Pflegeversicherung für jede Streitsache, an der sie beteiligt seien, eine Gebühr zu entrichten hätten. In § 193 SGG sei demgegenüber durch Gesetz vom 30.03.1998 lediglich Absatz 1, nicht jedoch Absatz 4, geändert worden. Wenn auch Unternehmen der privaten Pflegeversicherung unter § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG hätten fallen sollen, so hätte der Gesetzgeber die Vorschrift entsprechend fassen müssen. Eine Gesetzeslücke liege nicht vor. Unternehmen der privaten Pflegeversicherung habe der Gesetzgeber § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG bewußt nicht zugeordnet.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

den Beschluß des Sozialgerichts Münster vom 18.03.1999 abzuändern und dem Kläger ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die Regelung des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG beruhe auf dem Gedanken, daß Aufwendungen der dort genannten Institutionen deswegen nicht erstattungsfähig seien, weil davon aus gegangen werde, daß diese Beteiligten sich jeweils sachkundig durch eigene Mitarbeiter vertreten könnten. Auch privaten Versicherungsunternehmen sei es zuzumuten, sich vor Gericht selbst zu vertreten. Bei der Pflegeversicherung handele es sich überdies um eine Pflichtversicherung. Da alle Streitigkeiten aus dieser Versicherung der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen worden seien, müsse eine einheitliche Kostenregelung erfolgen. Eine analoge Anwendung des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG sei geboten.

 

Entscheidungsgründe

2.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

  1. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat der Kläger gem. § 193 Abs. 1 SGG zu tragen.
  2. Die Regelung des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG findet auf Unternehmen der privaten Pflegeversicherung keine Anwendung.

zu a)

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist die Kostenentscheidung nach sachgerechtem Ermessen durch Beschluß zu treffen. Zu berücksichtigen sind dabei alle Umstände des Einzelfalles. Wesentlich sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage und die Frage, wer Anlaß für die Klageerhebung gegeben hat (vgl. LSG NRW vom 21.08.1998 – L 11 SKa 52/97 –). Hierzu rechnet die falsche Sachbehandlung, eine fehlende oder fehlerhafte Begründung des Bescheides, unrichtige Beratung oder unzutreffende Rechtsmittelbelehrung (vgl. Senatsbeschluß vom 18.01.1999 – L 10 B 9/98 –...

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