Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung bzw. Sozialhilfe für einen Unionsbürger
Orientierungssatz
1. Hat ein Unionsbürger keine berufliche Tätigkeit von mehr als einem Jahr ausgeübt und ist die Fortwirkung des Arbeitnehmerstatus von sechs Monaten verstrichen, so liegen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und S. 2 FreizügG nicht vor, mit der Folge, dass für ihn die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach § 7 SGB 2 ausgeschlossen ist.
2. Nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB 12 erhalten Ausländer und deren Familienangehörige keine Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB 12, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.08.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu verpflichten, abgelehnt. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Offen bleiben kann, ob der Antragsteller rumänischer Staatsangehöriger und damit EU-Bürger oder Drittstaatsangehöriger ist. Sofern der Antragsteller rumänischer Staatsangehöriger ist, scheidet eine Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. FreizügG/EU aus, da er nach Aktenlage und seinen Ausführungen im Erörterungstermin vom 20.08.2019 zuletzt Beschäftigungen von Oktober 2017 (nach dem Vorbringen des Antragstellers von Mai 2017) bis Ende Dezember 2017 (Firma D GmbH) und vom 26.02.2018 bis zum 28.02.2018 (Firma E1 Personal-Service GmbH & Co. KG) ausgeübt hat. Zudem liegen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FreizügG/EU nicht vor. Der Antragsteller hat keine Tätigkeit von mehr als einem Jahr ausgeübt und die Fortwirkung des Arbeitnehmerstatus von sechs Monaten ist verstrichen. Sofern der Antragsteller Drittstaatsangehöriger ist, sind Tatsachen für eine Aufenthaltsrecht oder eine Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG (§ 1 AsylbLG) weder glaubhaft gemacht noch aus der Verwaltungsakte ersichtlich. Daher ist für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht von Belang, dass auch im Beschwerdeverfahren nicht abschließend geklärt werden konnte, ob das sichergestellte Personaldokument gefälscht ist.
Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers ist nicht geboten. Der Antragsteller ist durch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von den Leistungen nach Abs. 1 der Vorschrift ausgeschlossen. Danach erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII und nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zwecke der Arbeitsuche ergibt. Dass der Antragsteller auch von diesem Leistungsausschluss erfasst wird, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller in verfassungskonformer Anwendung von § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII Leistungen auch über den Zeitraum von einem Monat hinaus und ohne Feststellung eines Ausreisewillens zustehen könnten (hierzu Beschluss des Senats vom 28.03.2018 - L 7 AS 115/18 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30.05.2019 - L 20 AY 15/19 ER), liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen
Dokument-Index HI13545439 |