Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussicht. Sanktionsbescheid. Meldeaufforderung. Wiederholte Pflichtverletzung. Belehrung. Wichtiger Grund. Absenkung des Arbeitslosengeldes 2 bei wiederholter Pflichtverletzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine wiederholte Pflichtverletzung i.S.v. § 31 Abs. 3 S. 3 SGB II liegt nur vor, wenn ein (erstes) Sanktionsereignis nach § 31 Abs. 2 SGB II eingetreten ist, die Behörde eine (erste) Absenkung um 10 % festgestellt und sie den (ersten) Sanktionsbescheid dem Hilfebedürftigen bekannt gegeben hat.

 

Orientierungssatz

1. Im Fall der wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 2 SGB 2 wird das Arbeitslosengeld 2 um den nach Abs. 3 S. 3 zu berechnenden Satz der maßgebenden Regelleistung gemindert.

2. Erforderlich ist hierzu, dass der Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen erneut gegen eine Verpflichtung nach § 31 Abs. SGB 2 verstoßen hat. Der Wiederholungsfall einer Pflichtverletzung begründet einen selbständigen Absenkungstatbestand. Deshalb müssen sämtliche Elemente des Sanktionsereignisses erneut zu bejahen sein. Das gilt insbesondere für das Vorliegen eines geltend gemachten wichtigen Grundes.

 

Normenkette

SGB II § 31 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 3 S. 3; SGG § 73a Abs. 1; ZPO § 114

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.06.2008 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt M aus L beigeordnet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu Unrecht abgelehnt. Denn die Rechtsverfolgung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Danach ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rdnr. 7, 7a).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bietet die Klage gegen den Bescheid vom 18.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es bedarf weiterer Ermittlungen, ob die Voraussetzungen einer wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 3 S. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vorgelegen haben. Hierzu ist zum einen erforderlich, dass ein (erstes) Sanktionsereignis nach Abs. 2 mit der Absenkung in der ersten Stufe um 10 % eingetreten und festgestellt worden ist (Valgolio in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 31 Rdnr. 99) und dieser (erste) Sanktionsbescheid an den Hilfebedürftigen bekannt gegeben wurde. Letzteres bedarf der Überprüfung. Denn der Kläger hat geltend gemacht, den Bescheid vom 04.01.2008, der die Absenkung der Regelleistung für die Zeit vom 01.02.2008 bis zum 30.04.2008 wegen Nichterscheinen zum Meldetermin am 03.01.2008 regelt, nicht erhalten zu haben. Der Kläger trägt insoweit vor, erst durch den Widerspruchsbescheid vom 01.02.2008 von der Existenz des Bescheides vom 04.01.2008 Kenntnis erlangt zu haben, ohne aber dessen Inhalt zu kennen.

Zum anderen muss der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen erneut gegen eine Verpflichtung gemäß § 31 Abs. 2 SGB II verstoßen haben. Der Wiederholungsfall einer Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 3 SGB II begründet einen selbstständigen Absenkungstatbestand. Daher ist zu prüfen, ob sämtliche Elemente des Sanktionsereignisses erneut zu bejahen sind (Valgolio, a.a.O., § 31 Rdnr. 111). Insbesondere ist zu prüfen, ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II für das Nichterscheinen vorliegt. Denn die Absenkung des Arbeitslosengeldes II ist dann ausgeschlossen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige darlegt und nachweist, dass für sein Verhalten ein wichtiger Grund besteht. Als wichtiger Grund sind dabei alle Umstände anzusehen, die eine Meldung unmöglich gemacht haben oder diese als unzumutbar erscheinen lassen, so dass ein anderes Verhalten billigerweise nicht zu erwarten war. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich vollumfänglich überprüfbar ist (Valgolio, a.a.O., § 31 Rdnr. 95 f.). Der Kläger begründete bereits den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.01.2008 damit, dass er wegen der gravierenden psychiatrischen ...

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