Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei einer ungeklärten Rechtsfrage im Zusammenhang mit einer Sanktionsentscheidung
Orientierungssatz
1. Prozesskostenhilfe ist u. a. dann zu gewähren, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt.
2. Das ist u. a. bei einer streitentscheidenden Frage darüber der Fall, ob auch in den Fällen, in denen das Arbeitslosengeld 2 eines unter 25-jährigen Antragstellers auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt werden, die zeitgleiche Entscheidung über ergänzende Sachleistungen notwendig ist. Ebenso ist PKH in den Fällen zu gewähren, in denen streitentscheidend ist, ob der Grundsicherungsträger mit der Sanktionsentscheidung zeitgleich darüber entscheiden muss, ob im konkreten Fall ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen sind, wenn nur die Regelleistung, nicht aber die Kosten für Unterkunft und Heizung gewährt werden.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.05.2010 abgeändert. Dem Antragsteller wird zur Durchführung des erstinstanzlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Q aus H beigeordnet. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q aus H wird abgelehnt.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist die Beschwerde des Antragstellers unabhängig vom Beschwerdewert zulässig. Die Neuregelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.d.F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze (BGBl I S. 1132), nach der Beschwerden auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen sind, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, wurde im Bundesgesetzblatt vom 10.08.2010 veröffentlicht und trat damit erst in Kraft, nachdem der Antragsteller mit bei Gericht am 31.05.2010 eingegangenem Schriftsatz vom 27.05.2010 seine Beschwerde erhoben hat. Eine Rückwirkung wurde vom Gesetzgeber nicht normiert. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Antragsteller ist nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Die Rechtsverfolgung bot zum Zeitpunkt der Antragstellung auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Erfolgsaussichten in diesem Sinn bestehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar erachtet und in tatsächlicher Hinsicht eine Beweisführung für möglich hält. Dabei muss die Chance, den Prozess zu gewinnen, mindestens genauso groß sein, wie die, ihn zu verlieren. Dies ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen gemäß § 103 SGG durchzuführen sind, bevor die streiterheblichen Fragen abschließend beantwortet werden können (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), NJW 1991, 413 ff; BVerfG, NJW-RR 2002, 665 ff; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 29.06.2009, Az.: L 20 B 6/09 AS; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a, Rn. 7 ff; Düring in: Jansen, Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2009, § 73a Rn. 12 m.w.N). Dabei ist eine schwierige Rechtsfrage nicht im Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu klären, sondern erst abschließend im Hauptsacheverfahren zu entscheiden (BVerfG, Entscheidung vom 05.02.2003, Az.: 1 BvL 1526/02, FamRZ 2003, 833; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 73 ab, Rn. 7 b m.w.N.); ist die Rechtsauffassung des Klägers vertretbar, ist daher Prozesskostenhilfe zu gewähren (Littmann in: Lüdtke, Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2009, § 73a, Rn. 13 m.w.N.).
Gemessen hieran waren die Erfolgsaussichten im vorliegenden Verfahren nicht zu verneinen. Streitentscheidend war hier die Frage, ob auch in den Fällen, in denen das Arbeitslosengeld II eines unter 25-jährigen Antragstellers auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt werden, die zeitgleiche Entscheidung über ergänzende Sachleistungen notwendig ist. Diese Rechtsfr...