Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der anhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer sog. Honorarkraft. Sozialversicherungspflicht. Honorarkraft. Tätigkeit als Empfangsdame und Telefonistin. Abgrenzung abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist in einem sog. Honorarvertrag ein erfolgsunabhängiges Stundenhonorar vereinbart, ist der Leistende in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert, ist er diesem gegenüber weisungsgebunden nach Zeit, Dauer, Art und Ort der auszuführenden Tätigkeit und hat er ein nennenswertes unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
3. Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt hierbei nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos.
Normenkette
SGB IV § 28p Abs. 1 S. 5, § 7 Abs. 1 Sätze 1-2, §§ 7a, 14 Abs. 2 S. 2, § 24 Abs. 1-2, § 25 Abs. 1 S. 1, §§ 28a, 28d Sätze 1-2, § 28e Abs. 1, § 28h Abs. 2; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1; BGB § 615; SGB X § 20 Abs. 1 Sätze 1-2; StPO §§ 52, 55 Abs. 1, 3, § 69 Abs. 3, §§ 136a, 162; GKG §§ 52, 53 Abs. 2 Nr. 4; SGG § 197a
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.6.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens außer den Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auf 8.697,73 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen bezüglich der Beigeladenen sowie darauf entfallender Säumniszuschläge in Anspruch nimmt.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die im Handelsregister des Amtsgerichts (AG) O unter der Registernummer HRB 000 eingetragen ist. Unternehmensgegenstand ist die Zimmervermietung und Partnerschaftsvermittlung. Unter dem Firmennamen "Club T" vermietet die Antragstellerin Zimmer an selbständig tätige Prostituierte.
Die Antragstellerin schloss mit der Beigeladenen unter dem 9.12.2011 einen Honorarvertrag. Danach sollten Leistungen in der Zeit vom 9.12.2011 (bis auf Widerruf) erbracht werden. Eine Konkretisierung der Leistungen beinhaltete der Vertrag nicht (§ 1 des Vertrages). Die Vertragsparteien vereinbarten ein Stundenhonorar inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer von zunächst 6,00 Euro, welches nach Eingang der Honorarrechnung inklusiver Stundennachweis fällig werden sollte (§ 2 des Vertrages). Nach § 2 des Vertrages sollte der Auftragnehmer im Verhältnis zum Auftraggeber als selbständig im Sinne des Einkommenssteuergesetzes gelten. Danach seien die diesbezüglichen Steuern und Sozialabgaben, insbesondere die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht von der Antragstellerin zu entrichten. Nach § 3 des Vertrages führte die Beigeladene die Leistung in eigener Verantwortung aus. Arbeitszeit und Arbeitsort seien, soweit nicht durch die Eigenart des Auftrages vorgegeben, von ihr als Auftragnehmerin selbständig zu bestimmen. Die Antragstellerin als Auftraggeberin sei berechtigt, die Leistung durch Einzelangaben zu konkretisieren. Weisungen würden der Beigeladenen nicht erteilt. Die Beigeladene hafte für Mängel der Leistungen (§ 5 des Vertrages). Im Rahmen eines Nachtrags zur Honorarvereinbarung vom 9.12.2011 erhöhte sich der Stundenlohn auf 7,00 Euro zum 1.12.2013. Im Übrigen wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Für die Zeit vom 9.12.2011 bis zum 31.8.2014 erstellte die Beigeladene monatliche Rechnungen, die die Geschäftsführerin der Antragstellerin - Frau Dr. O - bar beglich. Die Rechnungen weisen jeweils eine Gesamtsumme aus, ohne Hinweis auf die Mehrwertsteuer und sind grundsätzlich, bis auf die erste Rechnung, mit der Einleitung versehen: "Für meine interne kaufmännische Tätigkeit, mein Coaching sowie für meine externe Tätigkeit in ihrem Unternehmen berechne ich Ihnen wie folgt".
Am 26.9.2014 gegen 18.20 Uhr führte das Hauptzollamt L - Kontrolleinheit Bekämpfung der Schwarzarbeit, Dienstort N - (HZA) am Unternehmenssitz der Antragstellerin eine Kontrolle durch, bei der die Beigeladene vor Ort angetroffen wurde. Sie gab an, seit ca. 1 ½ Jahren als Empfangsdame und Telefonistin bei der Antragstellerin tätig zu s...