Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässiger Rechtsweg bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterfüllung eines mit dem Vertragszahnarzt geschlossenen Behandlungsvertrags
Orientierungssatz
1. Macht ein Versicherter die Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags mit dem Vertragszahnarzt geltend und hat er gegenüber der Krankenkasse die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 SGB 5 gewählt, so ist die mögliche Anspruchsgrundlage des streitbefangenen Anspruchs zivilrechtlicher Natur und von dem Zivilgericht zu beurteilen. Eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung liegt nicht vor.
2. Der Rechtsweg zu dem ordentlichen Gericht ergibt sich aus § 23 Nr. 1 GVG i. V. m. §§ 12 ff. ZPO.
3. Nach § 17a Abs. 2 S. 1 GVG ist in einem solchen Fall die Unzulässigkeit des beschrittenen Sozialrechtswegs von Amts wegen festzustellen und die Klage an das zuständige ordentliche Gericht zu verweisen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 17.01.2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist der Rechtsweg für die auf Schadensersatz i.H.v. 4.954,77 EUR gerichtete Klage.
Die Klägerin ist gesetzlich krankenversichert, hat jedoch nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) anstelle von Sach- oder Dienstleistungen den Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Krankenversicherung gewählt. Vom 07.04. bis zum 15.06.2015 wurde sie vom Beklagten zahnärztlich behandelt. Hierfür wurden ihr 4.757,24 EUR in Rechnung gestellt. Von diesem Betrag übernahm die gesetzliche Krankenversicherung lediglich 1.821,54 EUR. Die Klägerin bat den Beklagten, hierzu Stellung zu nehmen. Das tat dieser nicht, sondern nahm die Klägerin (vor Zivilgerichten) auf Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrags in Anspruch. Vom Amtsgericht (AG) Kamen wurde die Klägerin zur Zahlung weiterer 2.935,70 EUR verurteilt (Urteil vom 12.07.2016 - 30 C 150/16 -). Das von ihr angerufene Landgericht Dortmund bestätigte die Rechtsauffassung des AG (Hinweisbeschluss vom 30.09.2016 - 12 S 2/16 -).
Die Klägerin hat daraufhin am 02.10.2017 vor dem SG Dortmund die vorliegende Klage erhoben. Das SG hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegenüber ihrem Zahnarzt geltend mache und nicht etwa Ansprüche gegenüber ihrer gesetzlichen Krankenversicherung. Zuständig seien daher die Zivilgerichte. § 51 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei hingegen ersichtlich nicht einschlägig (Hinweise vom 11.10., 07.12. sowie 18.12.2017).
Mit Beschluss vom 17.01.2018 hat das SG sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Kamen verwiesen. Der Beschluss ist der Klägerin am 20.01.2018 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 12.02.2018 Beschwerde eingelegt und vorgetragen: Sie sei aufgrund unwahren Vortrags des Beklagten vom AG zur Zahlung eines weiteren Betrages sowie zur Tragung der Gerichts- und Anwaltskosten verurteilt worden. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ihres insoweit geltend gemachten Rückforderungsanspruchs falle in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Der Schaden sei insoweit durch einen Vertrags(zahn)arzt verursacht worden. Sie müsse ebenso behandelt werden wie Versicherte, die keine Kostenerstattung gewählt hätten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Dortmund vom 17.01.2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die Akte des beigezogenen Verfahrens vor dem AG Kamen - 30 C 150/16 - Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund, mit dem der gewählte Rechtsweg für unzulässig erklärt wurde, ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gegeben. Da das Sozialgerichtsgesetz (SGG) die in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG genannte sofortige Beschwerde nicht kennt, tritt an deren Stelle die Beschwerde nach § 172 SGG (Landessozialgericht (LSG) Thüringen, Beschluss vom 04.12.2017 - L 1 SV 1411/17 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.12.2016 - L 31 AS 1607/16 B -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 51 Rn. 55). Sie ist von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG den Rechtsstreit an das AG Kamen verwiesen. Die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ergibt sich weder aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG noch aus § 51 Abs. 2 SGG (dazu a)). Er ist vielmehr den Zivilgerichten und dort dem AG Kamen zugeordnet (dazu b)).
a) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden sowohl über öffentlich-rechtliche (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) als auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung und zwar auch soweit durch...