Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts
Orientierungssatz
1. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts und die damit verbundene Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist erforderlich, wenn ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht, vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2011 - 1 BvR 1737/10.
2. Einem Antragsteller ist regelmäßig für das erste von ihm betriebene Klageverfahren, welches die Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze zum Gegenstand hat, ein Rechtsanwalt beizuordnen. Für weitere Verfahren gilt das aber nicht. Denn für solche ist zu unterstellen, dass auch ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise keinen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde.
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger vom 21.10.2011 wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 07.10.2011 geändert. Den Klägern wird für die Zeit ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. D, E, bewilligt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
In der Hauptsache begehren die Kläger höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.01.2011.
Die am 00.00.1989 geborene Klägerin zu 1) und ihr Sohn, der am 00.00.2009 geborene Kläger zu 2), leben in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Klägerin zu 1) bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II. Für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011 bewilligte die Beklagte ihr monatliche Leistungen in Höhe von 692,46 Euro (Bescheid vom 23.03.2011). Der Kläger zu 2) erhielt in dem streitigen Zeitraum keine Leistungen nach dem SGB II, da die Beklagte ihm ein seinen Gesamtbedarf übersteigendes Einkommen aus Kindergeld, Leistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) und Wohngeld zurechnete. Von dem übersteigendem Einkommen des Klägers zu 2) wurde der Klägerin zu 1) ein Betrag von 20,77 Euro angerechnet (50,77 Euro Kindergeld abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 Euro).
Die Kläger legten gegen den Bescheid der Beklagten Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Neuregelung der Regelbedarfe ab 01. Januar 2011 verfassungswidrig sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2011 zurück. Die Festlegung der Regelbedarfe entspreche den gesetzlichen Vorgaben.
Die Kläger haben am 23.08.2011 Klage erhoben. Sie wenden sich gegen die Höhe der Regelbedarfe. Die Ermittlung der Regelbedarfe sei mit einer Vielzahl von Fehlern behaftet, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts widersprächen. Deshalb sei die Höhe verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden.
Das Sozialgericht Duisburg hat den zeitgleich mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts mit Beschluss vom 07.10.2011 abgelehnt. Das Klagebegehren habe keine Aussicht auf Erfolg. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass die mit Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 25.02.2011 (SGB II n.F.) vorgesehenen Regelbedarfe mit dem GG in Einklang stünden. Insbesondere seien die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dessen Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) eingehalten worden (wird ausgeführt).
Gegen den am 17.10.2011 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 21.10.2011 Beschwerde eingelegt. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rz. 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Neb...