Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung des zur Bewilligung von Leistungen der Unterkunft durch einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Anordnungsgrundes
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung von Leistungen der Unterkunft durch einstweiligen Rechtsschutz setzt nach § 86b Abs. 2 SGG u. a. die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes voraus. Hierzu ist erforderlich, dass baldige Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit droht. Eine derartige Gefahr ist frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen. Der Verlust der Wohnung muss unmittelbar drohen. Mietrückstände allein begründen noch keine unmittelbare Gefährdung des Grundrechts aus Art. 13 GG.
2. Bestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung durch den Vermieter noch kein Mietrückstand von zwei vollen Monatsmieten, so leidet die dennoch erhobene Räumungsklage unter einem wesentlichen Mangel, mit der Folge, dass es an dem zur Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz erforderlichen Anordnungsgrund fehlt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.07.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit dem angefochtenen Beschluss die von den Antragstellern beantragte einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung abgelehnt.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt mithin neben einem Anordnungsanspruch - im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruches auf die beantragte Leistung - einen Anordnungsgrund - im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden Regelung - voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Einem Erfolg des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs steht bereits das Fehlen eines Anordnungsgrundes entgegen. Ein solcher ist regelmäßig nur gegeben, wenn Eilbedürftigkeit im Sinne einer dringenden und gegenwärtigen Notlage vorliegt, die eine sofortige Entscheidung des Gerichts zur Abwendung wesentlicher Nachteile erfordert. Dies ist der Fall, wenn den Antragstellern unter Berücksichtigung auch der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist, weil ihnen bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung wichtiger Rechte droht, die durch eine später erfolgende stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr folgenlos beseitigt werden könnte. Zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für eine Verpflichtung des Leistungsträgers hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung und diesbezüglicher Zahlungsrückstände bedarf es des substantiierten und nachvollziehbaren Vortrages, dass eine baldige Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit droht. Der Senat hält - in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des LSG NRW vom 29.06.2015 zum Az. L 12 AS 862/15 B ER (bei juris Rn. 10 ff.) sowie vom 06.07.2015 zum Az. L 19 AS 931/15 B ER (bei juris Rn. 33 ff.) - in ständiger Rechtsprechung (siehe zuletzt Beschluss vom 17.11.2015, L 2 AS 1821/15 B ER, bei juris Rn. 4 f.) daran fest, dass eine derartige Gefahr in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist und nicht bereits generell eine Kündigung ausreichend ist, um die Erforderlichkeit einer vorläufigen Regelung durch das Gericht zu begründen. Der Auffassung, dass bereits eine Bedarfsunterdeckung bei glaubhaft gemachter Hilfebedürftigkeit den Kernbereich des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums berührt, so dass ein Anordnungsgrund bereits dann vorliege, wenn der Antragsteller nicht über bedarfsdeckende Mittel verfügt (so aber der 7. Senat des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, vgl. Beschluss vom 17.06.2015 - L 7 AS 704/15 B ER, L 7 AS 705/15 B, bei juris Rn. 22 m.w.N.) folgt der erkennende Senat nicht. Mietrückstände allein begründen noch keine unmittelbare Gefährdung des Grundrechts aus Art.13 Grundgesetz (GG). Eine solche Gefährdung ist nicht bereits gegeben, wenn die privatrechtliche Verpflichtung zur Mietzahlung nicht mehr erfüllt werden kann. Sie tritt frühestens ein, wenn auch der Verlust der Wohnung unmittelbar droht (Beschluss des erkennenden Senates vom 05.11.2015 - L 2 AS 1723/15 B ER, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies setzt bei erstmaliger außerordentlicher Kündigung des M...