Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Eine Terminsgebühr fällt nach Nr. 3106 S. 1 RVG an, wenn tatsächlich eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. In den folgenden Ziffern der Nr. 3106 VV RVG sind die Ausnahmefälle geregelt, in denen auch ohne Termin eine sog. fiktive Terminsgebühr anfällt.

2. Eine Terminsgebühr für das Mitwirken an einer auf Verfahrensvermeidung oder Verfahrenserledigung gerichteten anwaltlichen Besprechung kann nicht in Verfahren entstehen, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben und auch nicht durchgeführt worden ist. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur fakultativ. Der Rechtsanwalt kann in diesem Verfahren eine streitige Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern, vgl. BGH, Beschluss vom 01. Juli 2007 - V ZB 110/06, NJW 2007, 1461.

3. Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 VV RVG entsprechende Regelung, nach der eine fiktive Terminsgebühr bei einem schriftlichen Vergleich entsteht, existiert in Nr. 3106 VV RVG nicht.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 19.05.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Detmold für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass auch eine Terminsgebühr angefallen sei.

Mit Beschluss vom 20.04.2011 hat das SG den Antragstellern des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt L (Beschwerdeführer) aus I beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens machte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 19.04.2011 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 190,00 Euro

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG 190,00 Euro

Erhöhungsgebühr 2 Mandanten Nr. 3105 VV RVG (richtig: 1008) 57,00 Euro

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Zwischensumme 647,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 122,93 Euro

Summe 769,93 Euro

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.04.2011 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 170,00 Euro

Erhöhungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG, 51,00 Euro

Einigungs-/Aussöhnungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG 190,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 81,89 Euro

Summe 512,89 Euro

Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der Kriterien nach § 14 RVG sei die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr (zzgl. Erhöhung) nach Nr. 3103 und Nr. 1008 VV RVG festzusetzen. Die Voraussetzungen einer Terminsgebühr seien nicht gegeben.

Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 02.05.2011 Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, dass die Mittelgebühr nach Nr. 3102 VV RVG anzusetzen sei. Der Widerspruch sei nach dem ER-Antrag eingelegt worden. Auch sei eine Terminsgebühr angefallen. Er habe am 12.04.2011 mit dem Antragsgegner mit dem Ziel einer Erledigung des Rechtsstreits telefoniert.

Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung des Beschwerdeführers nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 19.05.2011 unter Abänderung der Festsetzung vom 28.04.2011 die zahlenden Gebühren und Auslagen auf 543,83 Euro wie folgt fest.

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG 190,00 Euro

Erhöhungsgebühr für 2 Mandanten 3105 VV RVG (richtig: 1008) 57,00 Euro

Einigungs-/Aussöhnungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG 190,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 86,83 Euro

Summe 543,83 Euro

Die weitergehende Erinnerung wies das SG zurück und führte zur Begründung aus, die zunächst beantragte Verfahrensgebühr in Höhe von 190,00 Euro erweise sich nicht als unbillig. Zu Recht gehe der Beschwerdeführer davon aus, dass sich diese Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG bemesse. Unbegründet sei die Erinnerung hinsichtlich der Terminsgebühr. Unter Verweis auf den Beschluss des LSG Hessen vom 20.04.2011 (L 2 SF 311/09 E) führte das SG an, dass sich aus der Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 VV RVG die inhaltliche Gleichsetzung von Gerichtsterminen und außergerichtlichen Terminen zur Einigung und Erledigung des Rechtsstreits ergäbe. Daraus sei zu folgern, dass ein außergerichtlicher Einigungstermin, der zu einem außergerichtlichen Vergleichsabschluss und zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits sowohl in der Hauptsache als auch der Kostensache führe, an Umfang und Intensität einem Gerichtstermin gleichzustehen habe, so dass es sich hierbei z.B. nicht lediglich um Telefonate handeln dürfe. Die zu fordernde Vergleichbarkeit mit der inhaltlichen Intensität und dem Umfang eines Gerichtstermins sei nur dann gegeben, wenn die auß...

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