Entscheidungsstichwort (Thema)

Sanktionierung einer Pflichtverletzung gegenüber einer Eingliederungsvereinbarung

 

Orientierungssatz

1. Eine in einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB 2 eingegangene Verpflichtung des SGB 2-Leistungsberechtigten, mindestens 10 Bewerbungsbemühungen monatlich nachzuweisen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R.

2. Eine aufgrund nicht nachgewiesener Eigenbemühungen verhängte Sanktion setzt eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung voraus. Diese verlangt, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot erfolgt und dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus seinem Verhalten folgen.

3. Eine Pflichtverletzung liegt nach § 31 Abs. 1 S. 2 SGB 2 nicht vor, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Erst bei vollständiger Unabhängigkeit vom Bezug steuerfinanzierter Grundsicherungsleistungen ist das Eingliederungsziel des SGB 2 erreicht. Kann der Leistungsberechtigte weder eine Einstellungszusage, noch deren Realisierung belegen, so ist ein wichtiger Grund für das Unterlassen der erforderlichen Eigenbemühungen ausgeschlossen.

4. Nach dem dreistufigen Sanktionssystem des § 31 a SGB 2 kann eine wiederholte Pflichtverletzung auf der nächsten höheren Stufe erst dann eintreten, wenn zeitlich vorher eine Minderung wegen einer Pflichtverletzung auf der vorhergehenden Stufe festgestellt worden ist. Dies setzt die Bekanntgabe des vorangegangenen Sanktionsbescheides voraus. Damit ist ein vollständiges Entfallen des Leistungsanspruchs auf der dritten Stufe ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des monierten Verhaltens alleine die Feststellung einer Sanktion der ersten Stufe vorgelegen hat.

5. Wird bei Vorliegen der Sanktionsvoraussetzungen eine Sanktion nur der Höhe nach zu Unrecht festgestellt, so ist der betreffende Bescheid in eine Sanktion auf der jeweils zulässigen Stufe umzudeuten, vgl. BSG, Urteil vom 09. November  2010 - B 4 AS 27/10.

 

Tenor

Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2013 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der in Bedarfsgemeinschaft mit C. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beziehende Antragsteller wendet sich gegen den Entfall seiner Leistungsansprüche für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis 30.04.2013 infolge Verstoßes gegen in einer Eingliederungsvereinbarung übernommene Verpflichtungen.

In beidseitig unterzeichneter Eingliederungsvereinbarung vom 27.08.2012 verpflichtete sich der Antragsteller (u.a.) dazu, während der Dauer der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung bis zum 30.08.2013 monatlich jeweils mindestens zehn Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und durch Vorlage von Kopien der Bewerbungsanschreiben oder E-Mails bei elektronischer Bewerbung nachzuweisen bzw. telefonische oder persönliche Bewerbungen in einem Bewerbertagebuch zu dokumentieren. Der Antragsgegner verpflichtete sich (u.a.) zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme angemessener nachgewiesener Kosten für schriftliche Bewerbungen bei vorherigem Antrag sowie durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt beantragt worden ist. Die Eingliederungsvereinbarung enthält eine Rechtsfolgenbelehrung, in der detailliert und unter Angabe des jeweiligen Absenkungsbetrages auf die stufigen Sanktionen bei Pflichtverstößen bis hin zum Wegfall des Leistungsanspruchs hingewiesen wird. Unter "wichtige Hinweise" wird auf die Möglichkeit der Erbringung ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen auf Antrag bei Minderungen des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 % hingewiesen. Sanktionszeiträume könnten sich überschneiden. In den Überschneidungsmonaten würden die Minderungsbeträge addiert. In der Folge legte der Antragsteller keine bzw. nur einige wenige Nachweise zu unternommenen Bewerbungsbemühungen vor und gab im Rahmen von Anhörungen zu bevorstehenden Sanktionen zur Begründung dieses Verhaltens anfänglich an, er habe im Rahmen seines 400,00 EUR - Jobs keine Zeit gehabt, Bewerbungen zu schreiben. Später machte er geltend, ihm sei eine Festanstellung zum 01.02.2013 zugesagt worden.

Mit Bescheid vom 18.10.2012 stellte der Antragsgegner wegen unterbliebenen Nachweises von Bewerbungsbemühungen im September 2012 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II des Antragstellers um monatlich 30 % des maßgebenden Regelbedarfes für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 fest, mit Bescheid vom 29.11.2012 und nach erfolgter Anhörung eine Minderung um 60 % im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 w...

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