Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Streitwertes in einem Rechtsstreit über den Ausschluss eines Vertragsarztes vom Notfalldienst
Orientierungssatz
1. Die Höhe des Streitwertes bestimmt sich nach § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens.
2. Wird ein Vertragsarzt wegen fachlicher und persönlicher Ungeeignetheit dauerhaft vom ärztlichen Notfalldienst ausgeschlossen, so bestimmt sich das wirtschaftliche Interesse in zeitlicher Hinsicht durch die aufgrund der Notfalldiensttätigkeit erzielbaren Einkünfte innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraumes, vgl. BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2005 - B 6 KA 47/04 B.
3. Das erzielbare Umsatzvolumen ergibt sich aus den vom Vertragsarzt vor der Antragstellung für die quartalsweise vorgelegten Honorarübersichten. Bei einem über 80 Jahre alten Arzt ist lediglich ein Zeitraum von zwei Jahren zugrunde zu legen. Es erscheint lebensfremd, dass ein solcher weitere drei Jahre ärztlichen Notfalldienst verrichten will.
Tenor
Auf die Beschwerde des Bevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.03.2014 abgeändert. Der Streitwert für das Verfahren S 52 KA 1/14 ER wird auf 34.928,65 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig war die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 02.10.2013, mit dem die Antragsgegnerin den Antragsteller vom ärztlichen Notfalldienst ausgeschlossen hat. Das Sozialgericht (SG) hat antragsgemäß die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hergestellt (Beschluss vom 10.03.2014). Auf die Beschwerde hat der Senat den Beschluss des SG abgeändert (Beschluss vom 19.05.2014). Das SG hat den Streitwert auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Mangels hinreichender Anhaltspunkte für die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses müsse vom Auffangstreitwert ausgegangen werden, der wegen des vorläufigen Charakters der Entscheidung auf die Hälfte zu reduzieren sei. Mit der hiergegen im eigenen Namen gerichteten Beschwerde macht der Bevollmächtigte geltend, dass das wirtschaftliche Interesse unschwer erkennbar sei. Die Einnahmen des Antragstellers aus dem Notfalldienst seien bezifferbar.
II.
Die auf die Festsetzung eines höheren Streitwerts gerichtete und im eigenen Namen eingelegte Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist nach § 32 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), § 68 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) statthaft, zulässig und begründet.
Nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) bestimmt sich die Höhe des Streitwerts nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (Senat, Beschlüsse vom 26.03.2012 - L 11 KA 134/11 B -, 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -, 29.08.2011 - L 11 KA 27/11 B -; siehe auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -, 13.08.2003 - L 10 B 10/03 KA ER - und 26.03.2003 - L 10 B 2/03 KA). Lediglich wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen.
Das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers ist bestimmbar. Es wird konkretisiert durch den Zeitaktor und den im Notfalldienst erzielbaren Umsatz.
Mit Bescheid vom 02.10.2013 schloss die Antragsgegnerin den Antragsteller wegen fachlicher und persönlicher Ungeeignetheit dauerhaft vom ärztlichen Notfalldienst aus. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Senats in Zulassungssachen wird das wirtschaftliche Interesse in zeitlicher Hinsicht durch die aufgrund der Notfalldienstätigkeit erzielbaren Einkünfte für einen Drei-Jahreszeitraum bestimmt (BSG, Beschlüsse vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B - und vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -; Senat, Beschlüsse vom 16.06.2011 - L 11 KA 106/10 B ER und L 11 KA 119/10 B ER -, vom 18.09.2013 - L 11 KA 138/11 -, vom 04.01.2012 - L 11 KA 140/10 B - und vom 28.10.2011 - L 11 KA 102/10 -).
Als weiterer Faktor ist das erzielbare Umsatzvolumen heranzuziehen. Aus den von der Antragsgegnerin übersandten Honorarübersichten für die Quartale IV/2011 bis III/2013 ergibt sich, dass der Antragsteller Honorarforderungen vor Wirtschaftlichkeitsprüfung in Höhe von 34.928,65 EUR erzielt hat, mithin durchschnittlich 4366,08 EUR je Quartal. Hochgerechnet auf drei Jahre (= 12 Quartale) folgt hieraus ein wirtschaftliches Interesse von insoweit 52.392,96 EUR. Dieser Wert wiederum ist auf 34.928,65 EUR zu reduzieren. Es erscheint lebensfremd anzunehmen, dass der am 04.01.1930 geborene Antragsteller weitere drei Jahre ärztlichen Notfalldienst hätte verrichten wollen, so dass nur ein Zeitraum von zwei Jahren zugrundezulegen ist. Eine Reduzierung des Streitwerts auf die Hälfte von 34.928,65 EUR ist nicht angezeigt. Ein erfolgreiches einstweiliges Rechtsschutzverfahren hätte die Hauptsache vorweggenommen.
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