Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen der Terminsgebühr bei unstreitiger Verfahrensbeendigung
Orientierungssatz
1. Wird ein gerichtliches Verfahren durch einen Vergleich oder auf andere Weise beendet, fällt eine Terminsgebühr nur an, Wenn dieser Vergleich in einem Verhandlungs-, Erörteungs- oder Beweisaufnahmetermin geschlossen wurde bzw. die gerichtlichen Erörterungen zu einer sonstigen Verfahrensbeendigung geführt haben.
2. Es liegt weder ein absichtliches noch ein versehentliches Schweigen des Gesetzgebers in Nr. 3106 S. 2 Nr. 3 VV-RVG vor. Nur die Fälle der Erledigung durch Anerkenntnis, nicht aber sonstige Formen der unstreitigen Verfahrensbeendigung lösen eine Terminsgebühr aus.
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18./19.07.2007 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.07.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe
I.
Der beschwerdeführende Prozessbevollmächtigte der Klägerin (d. Kl.) macht gegen die Landeskasse eine höhere Vergütung für seine Tätigkeit im Klageverfahren als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 45 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) geltend. Streitig ist ein Betrag von 232,20 Euro. Der Beschwerdeführer (BF) meint, ihm stehe dieser Betrag zu, weil im Ausgangsstreit eine zusätzliche Terminsgebühr nach Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG entstanden sei.
Die 1980 geborene, ledige Kl. lebte bis Ende Juli 2004 mit ihrem Kind in L und bezog Sozialhilfe von der Stadt L. D. Kl. war seit Juli 2003 bei der Beklagten (d. Bekl.) freiwillig krankenversichert (und im Anschluss daran pflichtversichert in der Pflegeversicherung); die Stadt hatte für d. Kl. die Zahlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als Sozialhilfeleistung übernommen.
Zum 01.08.2004 zog d. Kl. zu ihrem Vater, um im September 2004 eine Schulausbildung in E (Westfalen-Kolleg/Weiterbildungskolleg der Stadt E) zu beginnen. Sozialhilfeleistungen bezog sie nur bis 31.07.2004 und - nunmehr seitens der Stadt E - erst wieder ab dem 01.09.2004. Die Stadt E weigerte sich, Beiträge für d. Kl. zu entrichten. Dem entsprechend unterblieb eine Beitragszahlung seit August 2004 mit der Folge, dass d. Bekl. die freiwillige Mitgliedschaft d. Kl. in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen des Beitragsrückstandes nach § 191 Satz 1 Nr. 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs beendete.
Um den Versicherungsschutz für sich und ihre Tochter sicher zu stellen, versicherte sich d. Kl. freiwillig bei der Hanseatischen Krankenkasse (HEK) ab September 2004, ohne dass das Versicherungsverhältnis zur Bekl. vorher gelöst worden ist.
Mit Bescheid vom 19.11.2004 und Widerspruchsbescheid vom 20.12.2005 forderte d. Bekl. von d. Kl. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Monate August bis November 2004 in Höhe von 457,72 Euro nach. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund wurde d. Kl. für die Zeit ab 16.06.2006 der BF im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordnet (Beschluss vom 12.09.2006). Im Klageverfahren einigten sich d. Kl. und d. Bekl. mit Rücksicht auf den Nachweis des Schulbesuchs dahingehend außergerichtlich, d. Kl. ab dem 08.09.2004 (Schulbeginn) als Studentin (kostengünstig) zu versichern. Damit sei ein durchgehender Versicherungsschutz gegeben (Schriftsätze der dortigen Verfahrensbeteiligten vom 08.09. und 18.09.2006). D. Kl. nahm ihre Klage demgemäß zurück und bat d. Bekl., die von ihr an die HEK gezahlten Beiträge dort einzuziehen und mit ihren Zahlungsverpflichtungen zu verrechnen.
Im anschließenden Verfahren zur Festsetzung einer Vergütung für den beigeordneten BF machte dieser neben einer Verfahrensgebühr (Nr. 23102 VV-RVG) und einer Einigungsgebühr (Nr. 1006 VV-RVG) auch eine Terminsgebühr in Höhe von 200,00 Euro (zzgl. Umsatzsteuer) geltend und verlangte als Vergütung insgesamt 765,80 Euro. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) kürzte die Rechnung um die Terminsgebühr, da weder ein Gerichtstermin stattgefunden habe noch die weiteren Voraussetzungen dieser Gebühr vorlägen, und wies dem BF lediglich 533,60 Euro an.
Die Erinnerung des BF wies das SG mit Beschluss vom 13.07.2007 zurück, weil keine Terminsgebühr entstanden sei. Eine solche komme u.a. nur in Betracht, wenn ein Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung ende (Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV-RVG). Das Verfahren habe aber nicht durch ein Anerkenntnis geendet. Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 1 VV-RVG entsprechende Regelung, die außerhalb von Verfahren mit einer Regelung über Betragsrahmengebühren gelte und eine Terminsgebühr auch bei Abschluss eines Vergleichs vorsehe, enthalte das VV im Bereich der Rahmengebühren nicht. Weder liege ein absichtliches oder versehentliches Schweigen des Gesetzgebers vor. Vielmehr sei ausdrücklich geregelt, dass nur die Fälle der Erledigung durch Anerkenntnis, nicht aber sonstig...