Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Asylbewerbers auf Gewährung von Taschengeld während des Aufenthalts im Krankenhaus
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich kann eine bereits erledigte Zuweisungsentscheidung für einen Asylbewerber durch eine Wiedereinreise nicht wiederaufleben. Damit richtet sich die Bestimmung des für ihn zuständigen Leistungsträgers gemäß § 10 a Abs. 2 S. 1 AsylbLG nach dem Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts - vor Aufnahme in eine stationäre Einrichtung - und nicht des nach § 10 a Abs. 4 S. 3 AsylbLG fingierten Aufenthalts.
2. Hat der Asylbewerber seit seiner Wiedereinreise keine Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten, so erfüllt er nicht die Vorbezugszeit des § 2 Abs. 1 AsylbLG. Damit hat er keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen analog den Vorschriften des SGB 12, sondern nur einen Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Dieser Anspruch bemisst sich nach den Vorgaben des BVerfG in dessen Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 bis zur gesetzlichen Neuregelung für die Bemessung von Grundleistungen nach dem AsylbLG.
3. Ist der Asylbewerber in einer stationären Einrichtung untergebracht, so fällt der alltagsübliche Bedarf dementsprechend geringer aus. Für den Bereich der Sicherung des Existenzminimums nach dem SGB 12 ist in § 27 b Abs. 2 S. 2 SGB 12 ein Maßstab dafür vorgegeben, welcher Betrag Personen in stationären Einrichtungen grundsätzlich zur Deckung persönlicher Bedarfe zur Verfügung stehen soll. Für die Sicherung des Existenzminimums kann für Leistungen der Grundsicherung nach dem AsylbLG nichts anderes gelten als im Rahmen einer Existenzsicherung nach dem SGB 12.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 29.07.2013 geändert. Die Beigeladene wird im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit ab dem 04.07.2013 bis zum 31.12.2013 einen Betrag i.H.v. 103,14 EUR monatlich und für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.01.2014 einen Betrag i.H.v. 105,57 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen dem Grunde nach zu 3/4.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Taschengeld nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) während der Zeit ihres Aufenthaltes in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Die im Jahre 1981 in H (Tschetschenien) geborene Antragstellerin besitzt die russische Staatsangehörigkeit. Sie ist verheiratet mit dem 1977 geborenen russischen Staatsangehörigen D, der wie die Antragstellerin tschetschenischer Volkszugehöriger ist. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 2000 bzw. 2004 geborene Kinder hervorgegangen. Im August 2002 reisten die Eheleute mit ihrem erstgeborenen Kind in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 27.08.2002 wurde die Antragstellerin gemäß § 50 Abs. 4 i.V.m. § 50 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) sowie § 5 Durchführungsverordnung zum AsylVfG der Antragsgegnerin zugewiesen, in deren Bereich sie sich anschließend auch zunächst gemeinsam mit den übrigen Angehörigen ihrer Familie aufhielt. Asyl(folge)anträge (vom 06.08.2002, 17.10.2005 und 05.01.2009) blieben erfolglos. Nach dem 27.08.2002 erging bis zum Tag der Entscheidung des Senats im vorliegenden Eilverfahren keine weitere, die Antragstellerin betreffende Zuweisungsentscheidung der Bezirksregierung.
Im Laufe des Aufenthaltes in der Bundesrepublik trennte sich die Antragstellerin wegen gewalttätiger Übergriffe von ihrem Ehemann, wobei die gemeinsamen Kinder bei dem Ehemann verblieben. Im Oktober 2007 hielt sie sich vorübergehend in einem Frauenhaus in Brandenburg auf und stellte im März 2008 erfolglos einen Umverteilungsantrag in die Stadt M, dem Wohnort einer Cousine. Einem im Frühjahr 2009 gestellten Antrag auf Erlaubnis der Wohnsitznahme in C wurde ebenfalls nicht entsprochen.
Im Juli 2009 erklärte sich die Antragstellerin gegenüber der Ausländerbehörde des Kreises X, zu dem die Antragsgegnerin gehört, bereit, freiwillig ohne ihren Ehemann und die beiden Kinder die Bundesrepublik zu verlassen. Daraufhin wurde ihr unter dem 16.07.2009 eine bis zum 20.08.2009 gültige Grenzübertrittsbescheinigung erteilt. Außerdem stellten ihr die Behörden der Russischen Föderation am 10.08.2009 eine bis zum 09.09.2009 gültige Einreiseerlaubnis aus. Ab dem 19.08.2009 konnte die Antragstellerin nicht mehr in ihrer Unterkunft im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin angetroffen werden.
Ausweislich einer Bescheinigung der Behörde für innere Angelegenheiten der Stadt H war die Antragstellerin seit Oktober 2009 (wieder) dort gemeldet. Wegen verschiedener internistischer und psychiatrischer Beschwerden wurde sie im Oktober und im November 2009 mehrfach in der Kreispoliklinik von H ärztlich behandelt.
Im November 2010 stellte sie - vertreten durch ihre Bevollmächtigte - einen weiteren Asylfolgeantrag, in dem sie u.a. ausführte, sie sei ...