Entscheidungsstichwort (Thema)

Fallwertbezogene Budgetierung der Vergütung spezieller vertragsärztlicher Laborleistungen. Referenzfallwert. Auswahlermessen. Ermessensunterschreitung. Aufklärung des Sachverhalts. Mitwirkung der Beteiligten. Hinweise zur Substantiierung. Einstweilige Anordnung. Anordnungsgrund. Prekäre finanzielle Situation

 

Orientierungssatz

1. Für Vertragsärzte, die zur Abrechnung von Laboratoriumsuntersuchungen berechtigt sind, unterliegen die Kostenerstattungen für spezielle Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 EBM einer fallwertbezogenen Budgetierung. Die in den Budgets enthaltenen Kostenerstattungen sind je Arztpraxis und Abrechnungsquartal nur bis zu einem begrenzten Gesamthonorarvolumen zu vergüten.

2. Voraussetzung für die pflichtgemäße Ausübung des der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eingeräumten Ermessens ist, dass ihr die hierfür erheblichen Tatsachen bekannt sind. Demzufolge ist der antragstellende Vertragsarzt i. S. einer Obliegenheit verpflichtet, die zur Begründung wesentlichen Tatsachen vorzutragen.

3. Maßstab des Ermittlungsumfangs durch die KV ist die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Auf einen unzulänglich begründeten Antrag ist die KV gehalten, den Sachverhalt aufzuklären und nötigenfalls Substantiierungshinweise zu geben. Hat sie den ihrer Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, so ist die ergangene Entscheidung wegen fehlerhafter Ermessensbetätigung rechtswidrig ergangen.

 

Normenkette

SGB I § 39; SGB X § 20 Abs. 1, § 35 Abs. 1 S. 2, § 41 Abs. 1 Nr. 2; SGG § 86b Abs. 2; GG Art. 19 Abs. 4

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.04.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I. Streitig ist die fallwertbezogene Budgetierung der Vergütung der speziellen Laborleistungen nach Kapitel 32.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM) nach Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Die Antragstellerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft, deren Mitglieder als Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie in Wuppertal zu vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.

Nach Teil E Nr. 3.4 der Vorgaben der KBV zur Honorarverteilung gemäß § 87b Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliegen die Kostenerstattungen für spezielle Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 EBM bei "Nicht-Laborärzten" einer fallwertbezogenen Budgetierung. Die Höhe des Budgets ergibt sich aus Multiplikation der Zahl der Behandlungsfälle mit dem für die Arztgruppe vorgegebenen bundeseinheitlichen Referenzfallwert von 40,00 EUR für Endokrinologen. Die Antragsgegnerin hatte diese Vorgaben zunächst nicht umgesetzt. Bezogen auf Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Endokrinologie sah § 7 Abs. 2 a) des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) für die Quartale III und IV/2013 einen nordrheinischen Referenzfallwert von 87,99 EUR vor. Der zum 01.10.2013 in Kraft getretene HVM überträgt mittels § 7 Abs. 2b zum 01.01.2014 den bundeseinheitlichen Referenzfallwert von 40,00 EUR auf den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin.

Die Anträge auf Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kap. 32.3. EBM lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15.01.2014 ab. Zwar würden die Mitglieder der Antragstellerin die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen erfüllen, jedoch sei der Antrag nicht nachvollziehbar begründet worden. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30.05.2014 zurück.

Bereits am 09.12.2013 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen: Die Reduzierung des Referenzfallwertes um ca. 50 % führe dazu, dass sie die nunmehr verlustbehaftete vertragsärztliche Tätigkeit kurzfristig werden einstellen müssen (wird ausgeführt).

Die Antragstellerin hat beantragt,

im Wege der einstweiligen Anordnung zu verfügen, dass § 7 Abs. 2 Buchstabe b des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten in der Fassung der Bekanntmachung im Rheinischen Ärzteblatt 10/2013 gegenüber den Antragstellern nicht in Kraft tritt, soweit für die Vergütung der laboratoriumsmedizinischen Leistungen der Antragsteller ab 01.01.2014 ein Referenz-Fallwert in Höhe von 40,00 EUR zur Anwendung kommt;

im Wege der einstweiligen Anordnung zu verfügen, dass die laboratoriumsmedizinischen Leistungen der Antragsteller über den 31.12.2013 hinaus auf Basis des bisherigen Referenz-Fallwertes in Höhe von 87,99 EUR vergütet werden.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

Anordnungsgrund und -anspruch seien nicht gegeben (wird ausgeführt).

Mit Beschluss vom 04.04.2014 hat das SG entschieden:

Tenor:

"Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung widerruflich verpflichtet, der Vergütung der laboratoriumsmedizin...

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