Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenübernahme nach dem SGB 2 für die Erstmöblierung bei Wohnungswechsel

 

Orientierungssatz

1. Der Begriff der Erstausstattung der Wohnung i. S. von § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB 2 ist nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen.

2. Wird vom Leistungserbringer des SGB 2 im Hinblick auf die Angemessenheit der Wohnung i. S. von § 22 Abs. 1 SGB 2 der Umzug in eine andere Wohnung angeordnet, so sind die Anschaffungskosten für die Möblierung der Küche als Erstausstattung dem Hilfebedürftigen zu bewilligen, wenn die bisherige Küche möbliert war, die neue aber unmöbliert ist.

3. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht auch der notwendige Anordnungsgrund. Die Küchenmöbel werden zur Sicherung einer menschenwürdigen Daseinsfürsorge dringend benötigt und können aus dem Regelsatz nicht finanziert werden.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 22. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller, der seit 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - Alg II - bezieht, mit Schreiben vom 03.03.2005 auf, seine bisher bewohnte Einliegerwohnung aufzugeben und eine angemessene Unterkunft zu suchen. Er mietete daraufhin mit Wirkung ab 01.04.2005 eine Wohnung im Hause I Str. 0, C, an, die der Vorgabe der Antragsgegnerin entsprach. Diese Wohnung enthielt keine Kücheneinrichtung. Er bat mit Schreiben vom 22.03.2005 um eine Information bzw. eventuelle Kostenübernahme für die Erstmöblierung (Küche). Die Antragsgegnerin teilte ihm am 29.03.2005 mit, dass für die Anschaffung einer neuen Küche keine einmalige Beihilfe gewährt werde. Es handele sich nicht um eine Erstausstattung für eine Wohnung im Sinne des § 23 Absatz 3 SGB II. Hiergegen erhob der Antragsteller am 12.04.2005 Widerspruch. Er wies zu dessen Begründung darauf hin, dass er auf Verlangen der Antragsgegnerin die Wohnung gewechselt habe, um die Mietkosten zu verringern. Da er vorher in einer möblierten Wohnung mit Kücheneinrichtung gewohnt habe, die neue Wohnung aber nicht möbliert sei - insbesondere keine Küchenmöbel enthalte -, handele es sich um eine Erstausstattung der Küche ... Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.04.2005 zurück. Sie vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass eine Erstausstattung im Sinne des § 23 Absatz 3 Nr. 1 SGB II nur dann gegeben sei, wenn noch keine Wohnungsausstattung vorhanden sei, also erstmals ein Haushalt gegründet werde. Dies sei z.B. nach einem Wohnungsbrand oder anlässlich einer Haftentlassung der Fall.

Der Antragsteller beantragte daraufhin am 27.04.2005 den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung der Antragsgegnerin, eine Einmalbeihilfe zur Finanzierung der Kücheneinrichtung zu gewähren. Das Sozialgericht Detmold verpflichtete die Antragsgegnerin zur vorläufigen Finanzierung einer Kücheneinrichtung (Beschluss vom 24.05.2005, S 18 AS 27/05 ER SG Detmold = L 9 B 42/05 AS ER). Im Beschwerdeverfahren beendeten die Beteiligten nach einem Hinweis des Senats, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 22.03. 2005 erst eine Information erbeten und die Antragsgegnerin daher insoweit keine Entscheidung getroffen habe, jenes Verfahren.

Der Antragsteller beantragte nunmehr erneut mit Schreiben vom 02.09.2005 die Kostenübernahme für eine Küchenerstausstattung. Zur Begründung bezog er sich auf die Ausführungen im Vorverfahren. Gleichzeitig fügte er einen Kostenvoranschlag einschließlich der Kosten eines Kühlschranks in Höhe von insgesamt 2165 EUR bei.

Am 15.11.2005 beantragte der Antragsteller erneut auch den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung der beantragten Einmalbeihilfe für eine Kücheneinrichtung. Er verwies weiterhin darauf, dass es sich hierbei um eine Leistung nach § 23 Absatz 3 SGB II handele, die gesondert zur Regelleistung erbracht werde. Da es ihm nicht möglich sei, sich mit einer warmen Mahlzeit am Tage zu versorgen, führe er ein menschenunwürdiges Leben, so dass ein Anordnungsanspruch gegeben sei. Denn eine geordnete Ernährung sei nicht sichergestellt, so dass mit Gesundheitsbeschwerden zu rechnen sei. Er befinde sich in einer Notlage, weil die Antragsgegnerin keine zügige Entscheidung treffe. Soweit die Antragsgegnerin auf seinen zusätzlichen Verdienst hinweise, den er für die Beschaffung der Kücheneinrichtung einsetzen könne, stelle sich vorliegend die Übernahme der Kosten als eine zusätzliche Leistung dar, die nicht aus dem Regelbedarf zu decken sei. Es stelle auch eine Beschneidung seiner Rechte dar, ihn in diesem Zusammenhang auf die Einsparmöglichkeit der Kosten aus einem Teil des Regelbedarfs zu verweisen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzulehnen, weil bereits kein Anordnungsgrund bestehe. Denn unter Berücksichtigung des vorhergehenden Verfahrens und des Leistungsbezugs von Alg II sei davon auszugeh...

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