Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung eines Kostenfestsetzungsverfahrens bei Tod des Verfahrensbeteiligten
Orientierungssatz
1. Nach § 202 SGG i. V. m. § 239 Abs. 1 ZPO tritt eine Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei bis zu dessen Aufnahme durch den Rechtsnachfolger ein.
2. Diese Vorschriften, einschließlich derjenigen des § 246 Abs. 1 ZPO, gelten entsprechend für das Kostenfestsetzungsverfahren.
3. Ein rechtskräftig gewordenes Urteil steht der Zulässigkeit eines Aussetzungsantrags nicht entgegen.
Tenor
Die Beschwerde der unbekannten Rechtsnachfolger der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.02.2016 wird abgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob das Sozialgericht ein Erinnerungsverfahren im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens aussetzen durfte.
In dem Verfahren S 15 RJ 49/03 vor dem Sozialgericht Düsseldorf begehrte die Witwe A S als Rechtsnachfolgerin des am 04.03.2002 verstorbenen Versicherten K N S höhere Regelaltersrente im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens. Anlässlich einer Probeberechnung wurde festgestellt, dass sowohl die Regelaltersrente als auch die große Witwenrente in unrichtiger Höhe bewilligt worden war (auf der Grundlage von 27,0789 Entgeltpunkten an Stelle von 19,4223 Entgeltpunkten). Der Rechtsstreit wurde vergleichsweise beendet. Die Beklagte verzichtete auf ein "Einfrieren" der Witwenrente und erklärte sich bereit, die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zur Hälfte zu tragen. Die Witwe nahm die Klage zurück. Durch Beschluss vom 20.08.2009 wurden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 292,50 EUR festgesetzt.
Mit am 16.05.2011 eigegangenem Schreiben hat die Bevollmächtigte nachträglich beantragt, die Kosten für die Terminvertretung des Rechtsanwalts T-I am 09.05.2006 (Rechnung vom 27.03.2011) in Höhe von 80,00 EUR, davon ½ = 40,00 EUR, festzusetzen. Mit Beschluss vom 15.02.2012 hat der Kostenbeamte den Antrag auf Nachfestsetzung zurückgewiesen. Der Anspruch des Rechtsanwalts T-I sei verjährt. Im Verhältnis Bevollmächtigter - Unterbevollmächtigter gelte die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der im Jahr 2006 entstandene Anspruch sei am 31.12.2009 verjährt. Für die am 16.05.2011 geltend gemachten Kosten fehle es an der Durchsetzbarkeit.
Die Prozessbevollmächtigte legte am 06.03.2012 Erinnerung ein und führte zur Begründung aus, dass die der Klägerin zustehende Einrede der Verjährung nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Die Klägerin habe die Einrede der Verjährung nicht erhoben. Im Übrigen verjähre der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten nach § 192 Abs 1 Nr 3 BGB erst nach 30 Jahren. § 195 BGB sei nicht einschlägig.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die Witwe am 12.11.2010 verstorben sei. Sie hat die Aussetzung des Erinnerungsverfahrens gem. § 246 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) bis zur Klärung der Rechtsnachfolge beantragt.
Die Prozessbevollmächtigte hat die Auffassung vertreten, eine direkte Anwendung der §§ 239ff ZPO sehe das Gesetz nicht vor. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschriften fehle es an einer Gesetzeslücke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 25.06.2012 Bezug genommen
Durch Beschluss vom 19.02.2016 hat das Sozialgericht das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15.02.2012 ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt: "Im Erinnerungsverfahren ist die Interessenlage die gleiche wie im Hauptverfahren bzw. Kostenfestsetzungsverfahren; auch im Erinnerungsverfahren muss der Erinnerungsgegnerin durch die über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwendende Befugnis, beim Tode der gegnerischen Partei, d.h. hier des Erinnerungsführers bzw. der Erinnerungsführerin die Möglichkeit eingeräumt werden, die Anordnung der Aussetzung des Verfahrens zu erwirken, damit vor der Aufnahme des Rechtsstreits abschließend geklärt ist, ob und gegebenenfalls welche Personen tatsächlich und rechtsverbindlich Rechtsnachfolger der gegnerischen Partei, hier des Erinnerungsführers bzw. der Erinnerungsführerin geworden sind."
Gegen den am 25.02.2016 zugestellten Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte am 29.02.2016 Beschwerde eingelegt. Ein Aussetzungsantrag gem. § 246 ZPO sei nur bis zur formellen Rechtskraft des Urteils zulässig. Ein Kostenfestsetzungsverfahren könne nur bis zur Rechtskraft der Kostengrundentscheidung ausgesetzt werden. Diese sei vorliegend am 03.08.2006 in Rechtskraft erwachsen. Für eine Aussetzung des Erinnerungsverfahrens fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Auch müssten die Rechtsnachfolger nicht namentlich bekannt sein. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Erinnerungsgegnerin wissen müsse, wer Rechtsnachfolger geworden sei. Das Erinnerungsverfahren betreffe nur die Höhe der Kostenerstattung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der den Versicherten betreffenden Verwaltungsakte (Az 13 271210 R 053) Bezug gen...