Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. EU-Ausländer. Leistungsausschluss. Zweck der Arbeitssuche. Arbeitnehmer. geringfügige Beschäftigung. sozialrechtlich relevanter Umfang der Beschäftigung
Orientierungssatz
1. EU-Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleitet und die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind, sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII und gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II weder nach dem SGB XII noch nach dem SGB II leistungsberechtigt (Aufrechterhaltung LSG Essen, Beschluss vom 15. Juni 2007 - L 20 B 59/07 AS ER).
2. Ein Arbeitnehmer i. S. von § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU hat unabhängig von der Arbeitsuche ein Aufenthaltsrecht, es sei denn, seine Tätigkeit hat einen so geringen Umfang, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt (Aufrechterhaltung LSG Essen, Beschluss vom 7. November 2007 - L 20 B 184/07 AS ER).
3. Bei der Frage, ob die Beschäftigung noch einen beachtenswürdigen Umfang hat, sind Umstände heranzuziehen, die innerhalb des deutschen Sozialleistungsrechts an anderer Stelle noch für sozialrechtlich bedeutsam angesehen werden. Nach der zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ergangenen Rechtsprechung ist danach als Unterhalt im Sinne des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI nur ein sozialrechtlich bedeutsamer Unterhalt zu verstehen, der einen Betrag in Höhe von mindestens 25 v.H. des zeitlich und örtlich maßgebenden Regelsatzes nach dem (damaligen) BSHG erreicht (Vergleiche BSG, Urteil vom 31. August 2000 - B 4 RA 44/99 R). Diese Wertung kann auf die Frage der Arbeitnehmereigenschaft i.S. von § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU übertragen werden.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.06.2007 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen.
Gründe
I.
Die Antragstellerinnen sind bulgarische Staatsangehörige. Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1) reiste im März 2004 in die Bundesrepublik ein; sie gab dabei an, in Deutschland ein Studium aufnehmen zu wollen.
Am 24.09.2004 beantragte sie bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe mit der Begründung, sie sei schwanger. Ihre Eltern könnten diese Situation nicht mit ihrer Religion vereinbaren. Sie könne aufgrund der Schwangerschaft nicht nach Hause zurückkehren. Am 00.10.2004 wurde die Antragstellerin zu 2) geboren.
Die Antragsgegnerin leistete für die Antragstellerinnen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) insgesamt bis zum 14.05.2007. Mit Bescheid vom 15.05.2007 stellte sie diese Leistungen mit Ablauf des 14.05.2007 unter Hinweis auf den Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union (01.01.2007) ein, weil die Antragstellerinnen nicht zu dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 7 AsylbLG leistungsberechtigten Personenkreis gehörten. Darüber hinaus bestehe gemäß § 21 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) kein Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige oder als deren Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien.
Die Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 05.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2007 einen Antrag der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem SGB II ab. Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsmarktsuche ergebe, sowie deren Familienangehörige seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Antragstellerin zu 1) ist im Besitz einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU vom 24.05.2007, die sich auf eine Anmeldung vom 15.06.2006 bezieht und bis zum 23.05.2012 befristet ist. Daneben wurde der Antragstellerin zu 1) eine Arbeitserlaubnis-EU für die Zeit vom 30.05.2007 bis 29.05.2008 für eine Tätigkeit bei der Firma S I in L als Reinigungskraft bei einer Arbeitszeit dienstags von 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr erteilt. Für diese Tätigkeit erzielt die Antragstellerin zu 1) monatlich einen Verdienst von 160,00 EUR.
Auf Antrag vom 16.05.2007 verpflichtete das Sozialgericht Köln mit Beschluss vom 13.06.2007 die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragstellerinnen ab dem 30.05.2007 bis zum 30.11.2007 Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II zu gewähren. Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin scheide nach § 21 Satz 1 SGB XII zwar aus. Denn die Antragstellerin zu 1) sei im Besitz einer Arbeitsgenehmigung/EU und deshalb seit dem 30.05.2007 dem Grunde nach leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Antragstellerinnen hätten jedoch als Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen nach dem SGG II gegen die Beigeladene. Dieser Anspruch entfalle bei summarischer Prüfung nicht etwa wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Denn es spreche vieles dafür, dass diese Regelung wegen Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegen europäisches Recht verstoße und d...