Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestehen der Ehe im Todeszeitpunkt des Versicherten als Voraussetzung für die Gewährung von Witwenrente

 

Orientierungssatz

1. Zur Gewährung von Witwenrente nach § 46 Abs. 2 SGB 6 ist u. a. erforderlich, dass zwischen der Witwe und dem Versicherten im Zeitpunkt des Todes eine rechtsgültige Ehe bestanden hat.

2. Eine Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsurteils für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist. Eine in der Türkei durchgeführte Scheidung genießt Gestaltungswirkung auch für das deutsche Recht. Die Wirksamkeit der Scheidung ist nicht von einer Anerkennung für den deutschen Rechtsbereich abhängig.

3. Nach § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG ist eine förmliche Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Familiensachen entbehrlich, wenn eine Ehe durch ein Gericht oder eine Behörde des Staates aufgelöst wurde, dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung angehörten.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 10.12.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwalt L aus U für ein auf die Gewährung einer Witwenrente gemäß § 46 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gerichtetes Hauptsacheverfahren.

Die am 00.00.1951 geborene Klägerin hatte am 4.7.1986 den am 00.00.2004 verstorbenen B C (Versicherter) geheiratet. Sowohl die Klägerin als auch der Versicherte besaßen im Zeitpunkt der Eheschließung die türkische Staatsangehörigkeit. Zu der - in der Türkei durchgeführten - Scheidung existieren zwei voneinander abweichende Urkunden. Nach einer (ersten), mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Scheidungsurkunde ist die Ehe aufgrund eines am 9.6.1987 rechtshängig gewordenen Scheidungsverfahrens am 7.10.1987 geschieden worden. In dem türkischen Einwohnermeldebuch ist als Scheidungsdatum der 8.10.1987 vermerkt.

Eine weitere Urkunde weist als Scheidungsdatum den 25.7.1991 aus.

Am 11.6.1991 schloss der Versicherte eine Ehe mit Frau T C, die nach dem Tod des Versicherten auf ihren Antrag vom 16.4.2004 Witwenrente aus der Versicherung des Versicherten erhalten hat.

Im März 2007 beantragte die Klägerin vor dem Amtsgericht (AG) U die nachträgliche Durchführung des Versorgungsausgleichs (§ 1587e Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]). Hierbei bezog sich die Klägerin zunächst auf eine Scheidungsurkunde vom 25.7.1991. Sie hat behauptet, in dem Scheidungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen zu sein; ihr gegenüber seien auch keine wirksamen Zustellungen vorgenommen worden. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte in dem Scheidungsverfahren eine andere Person als seine angebliche Ehefrau "vorgeführt" habe.

Nachdem Frau T C verstorben war, bat die Klägerin am 2.4.2012 bei der Beklagten um Prüfung, ob sie als Bezugsberechtigte der Witwenrente an die Stelle der späteren Ehefrau getreten sei. Sofern erheblich sei, ob die Ehe des Versicherten mit Frau T C eine Scheinehe darstelle, sei nach dem Inhalt eines in einem versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht (AG) U eingeholten Gutachtens des Herrn Prof. Dr. S, Forschungsstelle für türkisches Recht der Universität C vom 12.12.2007 eine Auskunft des türkischen Justizministeriums einzuholen. Zudem habe sich in dem versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren auch ergeben, dass die Scheidung der zwischen dem Versicherten und der Klägerin geschlossenen Ehe nicht wirksam erfolgt sei.

Mit Bescheid vom 6.7.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente ab, da im Zeitpunkt des Todes eine gültige Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht mehr bestanden habe. Nach einem ihr vorliegenden Auszug aus dem türkischen Einwohnermeldebuch sei die Ehe am 7.10.1987 geschieden worden. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Scheidung bestünden nicht.

Den gegen diesen Bescheid am 31.7.2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2012 als unbegründet zurück. Unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides verwies die Beklagte ergänzend auf das Ergebnis des vor dem AG U geführten versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahrens, wonach der Klägerin für eine auf den Zeitraum vom 1.7.1986 bis zum 30.6.1987 bezogene Ehezeit Entgeltpunkte von dem Konto des Versicherten übertragen worden sei. Diese Entscheidung sei seit dem 14.6.2008 rechtswirksam. Auch dies stütze die Annahme, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Todes bereits seit langem nicht mehr mit dem Versicherten verheiratet gewesen und damit auch nicht dessen Witwe sei.

Am 4.10.2012 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie das auf die Gewährung einer Witwenrente gerichtete Klagebegehren weiterverfolgt. Zwar sei im türkischen Einwohnermeldebuch verzeichnet, dass die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten am 7.10.1987 geschi...

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