Entscheidungsstichwort (Thema)

Witwenrente nach einer Scheidung einer Ehe zweier türkischer Staatsangehöriger in Deutschland. unterbliebenes Anerkennungsverfahren nach türkischem Recht. Inlandsbezug

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Urteil eines deutschen Gerichts, mit dem die Ehe zweier türkischer Staatsangehöriger - nach türkischem Recht - rechtskräftig geschieden worden ist, steht der Gewährung einer Witwen- bzw Witwerrente nach § 46 SGB VI auch dann entgegen, wenn das nach türkischem Recht erforderliche Anerkennungsverfahren nicht durchgeführt worden ist, wenn der Inlandsbezug der Witwen- bzw Witwerrente den Auslandsbezug überwiegt (Anschluss an BSG vom 13.1.1999 - B 13 RJ 17/98 R = BSGE 83, 200 = SozR 3-2600 § 46 Nr 2).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.12.2017; Aktenzeichen B 13 R 320/17 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin eine Witwenrente zu gewähren ist.

Die 1971 geborene Klägerin, die zwei in den Jahren 1991 und 1997 geborene Kinder hat, ist t. Staatsangehörige. Am 31.03.1989 heiratete sie den gleichfalls t. Staatsangehörigen Y. T. (Versicherter). Mit Urteil des Amtsgerichts H. vom 25.04.2006 (- ... F 5.../03 -) wurde die Ehe der Klägerin und des Versicherten unter Anwendung t. Rechts rechtskräftig geschieden. Am 25.12.2013 verstarb der Versicherte. Die Klägerin bezieht deswegen auf einen Antrag vom 20.03.2014 hin von der Beklagten seit dem 01.01.2014 eine Erziehungsrente nach § 47 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).

Am 30.06.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente.

Mit Bescheid vom 02.09.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht mit diesem verheiratet gewesen sei, bestehe kein Anspruch auf Witwenrente. Ferner beziehe die Klägerin eine Erziehungsrente aus eigener Versicherung aufgrund des Todes des geschiedenen Ehegatten.

Hiergegen erhob die Klägerin am 10.09.2014 Widerspruch. Zu dessen Begründung brachte sie vor, dass die Ehe der Klägerin zwar in Deutschland geschieden worden sei, nach internationalem Recht müsse jedoch für die Rechtswirksamkeit der Scheidung in der T. ein Anerkennungsverfahren durchgeführt werden, welches vorliegend nicht durchgeführt worden sei, so dass ein Anspruch auf Witwenrente bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, Voraussetzung für den Bezug einer Witwenrente sei, dass im Zeitpunkt des Todes des Versicherten eine rechtsgültige Ehe bestanden habe. Aus dem Scheidungsurteil vom 25.04.2006 gehe jedoch hervor, dass die Klägerin am 25.04.2006 nach t. Recht rechtskräftig geschieden worden sei. Das Scheidungsurteil sei für sie, die Beklagte, verbindlich. Dass in der T. kein Anerkennungsverfahren durchgeführt worden sei, sei rechtlich ohne Bedeutung.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20.01.2015 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Hierzu brachte sie vor, nach internationalem Recht sei eine Ehe nur dann geschieden, wenn die Scheidung im Heimatland der Ehegatten anerkannt worden sei. Jedoch hätten weder die Klägerin noch der verstorbene Versicherte ein solches Anerkenntnisverfahren in der T. durchführen lassen. Nach t. Recht könne ein solches nach 10 Jahren auch nicht mehr durchgeführt werden, sodass ein ausländisches Scheidungsurteil seine Gültigkeit verliere. Dies hätte weitreichende Konsequenzen, so hätte die Klägerin noch als Ehefrau Ansprüche geltend machen können. Hätte die Klägerin erneut heiraten wollen, wäre in Deutschland der Einwand erhoben worden, dass sie noch nicht als geschieden gelte.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und betonte, dass die Ehe der Klägerin am 25.04.2006 nach t. Recht geschieden worden sei. Das Scheidungsurteil sei für sie verbindlich.

Mit Urteil vom 29.07.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Witwenrente zu, da sie vor dem Tod des Versicherten von diesem bereits rechtskräftig geschieden worden sei. Zwar seien die deutschen (Familien-)Gerichte für Ehesachen zuständig, wenn beide Ehegatten, wie vorliegend, ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt haben, die Scheidung folge jedoch nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) dem Recht, das zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend gewesen sei. Selbige unterlägen nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehörten, vorliegend dem t. Recht. Folglich richte sich die Scheidung nach t. Recht. Ob das Urteil eines deutschen Gerichtes, durch das die Ehe zweier ausländischer Staatsangehöriger nach dem Recht deren Heimatstaates geschie...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge