Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach einer Scheidung einer Ehe zweier türkischer Staatsangehöriger in Deutschland. unterbliebenes Anerkennungsverfahren nach türkischem Recht
Orientierungssatz
Ein Urteil eines deutschen Gerichts, mit dem die Ehe zweier ausländischer (hier: türkischer) Staatsangehöriger rechtskräftig geschieden worden ist, steht der Gewährung einer Witwen- bzw Witwerrente nach § 46 SGB 6 auch dann entgegen, wenn das nach ausländischem (hier: türkischem) Recht erforderliche Anerkennungsverfahren nicht durchgeführt worden ist (Anschluss an BSG vom 13.1.1999 - B 13 RJ 17/98 R = BSGE 83, 200 = SozR 3-2600 § 46 Nr 2).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Witwenrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die am … 1971 geborene in Deutschland lebende türkischstämmige Klägerin heiratete am 31.03.1989 den ebenfalls türkischen Staatsangehörigen, ....
Die Klägerin wurde am 25.04.2006 von ihrem damaligen Ehemann ... vom Amtsgericht Heidelberg geschieden. Auch nach der Scheidung lebten beide in der Bundesrepublik. ... verstarb am 25.12.2013.
Mit Antrag vom 03.07.2014 begehrte die Klägerin eine Witwenrente von der Beklagten.
Mit Bescheid vom 02.09.2014 wurde die Gewährung einer Witwenrente abgelehnt. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen nicht mehr mit diesem verheiratet gewesen. Die Klägerin beziehe seit dem 01.01.2014 eine Erziehungsrente aus eigener Versicherung, die eine rechtskräftig geschiedene Ehe voraussetzen würde. Nach dem Scheidungsurteil des Amtsgerichts Heidelberg sei die Klägerin am 25.04.2006 rechtskräftig geschieden worden.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 10.09.2014 Widerspruch ein. Nach türkischem Recht sei sie zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch mit ihm verheiratet gewesen. In der Türkei sei kein Anerkenntnisverfahren wegen der Scheidung in Deutschland durchgeführt worden. In Anbetracht dieses Aspekts sei sie Witwe und habe einen Anspruch auf Witwenrente.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Das nicht durchgeführte Anerkenntnisverfahren in der Türkei sei rechtlich ohne Bedeutung.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.01.2015 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim erhoben. Nach internationalem Recht sei die Ehe erst dann geschieden, wenn ein Anerkenntnisverfahren im Heimatland der Betroffenen durchgeführt worden sei. Es würde zudem, aufgrund der Nichtdurchführung des Anerkenntnisverfahrens in der Türkei kein Ehefähigkeitszeugnis ausgestellt werden. Die Klägerin könne somit in Deutschland nicht erneut heiraten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 02.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die getroffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die bei der Beklagten geführten Verwaltungsakten der Klägerin sowie die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht beschwert, denn der Bescheid vom 02.09.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Witwenrente.
Gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie (1.) ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, (2.) das 47. Lebensjahr vollendet haben oder (3.) erwerbsgemindert sind.
Die Klägerin ist keine "Witwe" des Versicherten im Sinne dieser Anspruchsgrundlage.
"Witwe" im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB VI wird eine Frau grundsätzlich nur dann, wenn zwischen ihr und dem Versicherten im Zeitpunkt des Todes eine rechtsgültige Ehe bestanden hat (vgl. z.B. BSGE 45, 180, 181 = SozR 2200 § 1264 Nr. 1). Nach Überzeugung der Kammer ist die zwischen der Klägerin und dem Versicherten geschlossene Ehe in dem insoweit maßgebenden Zeitpunkt des Todes des Versicherten rechtskräftig geschieden.
Die am 31.03.1989 geschlossene Ehe vor dem Standesbeamten im türkischen Konsulat zwischen dem Versicherten und der Klägerin kam rechtsgültig zustande. Da das Sozialrecht keinen eigenen Ehebegriff kennt, folgt es insoweit dem bürgerlichen Recht (vgl. dazu: Viele Hauck/Noftz, SGB VI, RdNr. 5).
Die Ehe ist allerdings vor dem Tod des Versicherten durch das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg am 25.04.2006 rechtskräftig geschieden worden.
Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob die Ehe der Klägerin mit dem Versicher...