Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nach zwischenzeitlicher Erledigung eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Für die Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB 2 fehlt es dann am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Betroffene inzwischen der ihm darin auferlegten Pflicht nachgekommen ist.
2. Die danach zu treffende Kostenentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt zu treffen, wie der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bis zu seiner Erledigung zu beurteilen war.
3. Sollte der Antragsteller mit dem Eingliederungsverwaltungsakt zur Wahrnehmung eines Termins beim Gesundheitsamt zur Überprüfung seiner Erwerbsfähigkeit angehalten werden, so sind dem Grundsicherungsträger die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aufzuerlegen. Das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit kann nämlich nicht zulässiger Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung bzw. eines Eingliederungsverwaltungsaktes sein, weil es bereits Voraussetzung für deren Abschluss bzw. Erlass ist.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.04.2012 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres vom 12.04.2012 datierenden Widerspruchs gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt des Antragsgegners vom 05.04.2012.
Die 1960 geborene Antragstellerin steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nachdem die Antragstellerin eine Vielzahl von Terminen unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) nicht wahrnahm, wies der Antragsgegner in einem Gespräch am 15.09.2011 darauf hin, dass bei weiterer Vorlage einer AU für einen längeren Zeitraum eine Prüfung der Erwerbsfähigkeit durch das Gesundheitsamt erfolge. Nachdem Termine mit der Antragstellerin weiter nicht durchgeführt werden konnten, vermerkte die Arbeitsvermittlerin, dass sich aufgrund der fortgesetzten und passgenauen AUs die Frage nach der Erwerbsfähigkeit stelle und ein entsprechendes Verfahren eingeleitet werde, auf das die Antragstellerin bereits am 15.09.2011 hingewiesen worden sei. Mit Datum vom selben Tag schrieb der Antragsgegner die Antragstellerin unter dem Betreff "Prüfung der Erwerbsfähigkeit" an und teilte ihr mit, dass das Gesundheitsamt des Kreises O mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit beauftragt worden sei. Im Gutachtenauftrag an das Gesundheitsamt wurde u.a. die Frage gestellt, ob bei der Antragstellerin noch eine mindestens 3 Std./tgl. Leistungsfähigkeit gegeben sei oder eine Antragstellung auf EU-Rente sinnvoller wäre. Ebenfalls am 05.04.2012 erließ der Antragsgegner einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Die darin getroffenen Festlegungen für den Zeitraum vom 05.04.2012 bis 31.12.2012 benannten als Ziel, das pünktliche und persönliche Erscheinen der Antragstellerin beim Gesundheitsamt des S-Kreises O nach vorheriger schriftlicher Einladung zwecks Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Hiergegen richtete sich der vom 12.04.2012 datierende Widerspruch der Antragstellerin.
Am 20.04.2012 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Düsseldorf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.04.2012 anzuordnen. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die Prüfung der Erwerbsfähigkeit nicht tauglicher Regelungsgegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sei. Eine mit einem Hilfebedürftigen, dessen Erwerbsfähigkeit zweifelhaft sei, geschlossene Eingliederungsvereinbarung sei nichtig. Die Rechtsfolgenbelehrung des Verwaltungsakts sei falsch, der Verwaltungsakt sei weder begründet noch ihr erläutert worden.
Das SG hat den Eilantrag mit Beschluss vom 23.05.2012 abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig. Es fehle der Antragstellerin am Rechtsschutzbedürfnis. Sofern die Antragstellerin gegen die Pflichten aus dem streitigen Bescheid verstoße und entsprechend Leistungen abgesenkt würden, könne sie hiergegen gerichtlich vorgehen. Dabei sei dann die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung zu überprüfen. Für eine vorherige isolierte Prüfung dieser Frage im Rahmen eines Eilverfahrens bestehe auch mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz kein Anlass. Die Gerichte sollten zwar vorläufigen Rechtsschutz, d.h. Rechtsschutz wegen gegenwärtiger Nachteile, nicht aber vorbeugenden Rechtsschutz wie die Antragstellerin ihn beanspruche, ermöglichen.
Gegen den ihr am 26.05.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 01.06.2012 Beschwerde eingelegt und ihren Vortrag wiederholt und vertieft. Sie hat einen Termin zur amtsärztlichen Untersuchung durch das Gesundheitsamt am 11.06.2012 wahrgenommen.
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