Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen ein vom Grundsicherungsträger gegen einen Leistungsberechtigten verhängtes Hausverbot
Orientierungssatz
1. Der Grundsicherungsträger kann zur Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs gegen einen Leistungsberechtigten des SGB 2 ein Hausverbot verhängen und dessen sofortige Vollziehung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG anordnen.
2. Materiell-rechtlich verlangt der Erlass des Hausverbots eine nachhaltige Störung des Dienstbetriebs.
3. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens überwiegt das Vollzugsinteresse des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Leistungsberechtigten. Der Berechtigte kann seine Ansprüche sowohl telefonisch als auch postalisch gegenüber dem Leistungsträger verfolgen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.07.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines vom Antragsgegner gegen den Antragsteller verhängten Hausverbotes.
Der Antragsteller steht im laufenden Leistungsbezug beim Antragsgegner. Bereits mit Bescheid vom 21.03.2016 hatte der Antragsgegner ein Hausverbot für die Dauer von drei Monaten ausgesprochen wegen Äußerungen des Antragstellers, er sei aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners gewaltbereit. Der Bescheid ist bestandskräftig. Durch Bescheid vom 09.06.2016 erteilte er ihm erneut ein bis zum 08.06.2017 befristetes Hausverbot und ordnete zugleich gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die sofortige Vollziehung an. Seine SGB II - Angelegenheiten habe der Antragsteller zwischenzeitlich telefonisch oder schriftlich zu regeln. Anlass für die Regelung war ein Vorfall im Dienstgebäude des Antragsgegners am 09.06.2016. Dort soll der Antragsteller Mitarbeiter des Antragsgegners beschimpft haben, nachdem diese ihm nicht die Möglichkeit eröffneten, beim Teamleiter der Leistungsgewährung des Antragsgegners vorzusprechen. Es sei nachfolgend zur Unterstellung gekommen, die Mitarbeiter des Antragsgegners seien unfähig, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dabei habe der Antragsteller u.a. folgenden Satz geäußert: "Alle unfähig hier, die können nichts und labern nur rum, wollen einem nicht helfen und geben mir mein Fahrgeld nicht". In der Folgezeit habe sich der Antragsteller geweigert, das Dienstgebäude zu verlassen. Die Polizei wurde hinzugezogen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete der Antragsgegner mit dem beabsichtigten persönlichen Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde, die massiv bedroht worden seien und mit der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs, den er in seinem Ablauf gestört habe. Das bereits zuvor erteilte Hausverbot habe ihn nicht veranlasst, sich ordnungsgemäß zu verhalten. Dieses öffentliche Interesse überwiege deutlich gegenüber dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung bei Einlegung des Rechtsmittels.
Der Antragsteller bestreitet das ihm zugeschriebene Verhalten. Über seinen Widerspruch vom 20.06.2016 ist noch nicht entschieden.
Den Antrag des Antragstellers vom 05.07.2016, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen (wieder herzustellen) und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat das Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) durch Beschluss vom 18.07.2016 abgelehnt. Widerspruch und Anfechtungsklage kämen im Rahmen des § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Diese aufschiebende Wirkung entfalle unter anderen dann, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden habe, besonders angeordnet werde, § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG. Dabei sei gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Aus der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung müsse hervorgehen, warum das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in diesem besonderen Fall andere Interessen überwiege. Dies solle sicherstellen, dass der Beteiligte die Gründe der Verwaltung kenne, um seine Rechte wahrnehmen zu können. Die Begründung diene der Transparenz und Rechtsklarheit. Außerdem solle sie die Verwaltung zu besonderer Sorgfalt anhalten, die Begründungspflicht.habe insoweit eine Warnfunktion. Bei der Prüfung, ob die Begründung ausreiche, sei zu beachten, dass sich in Ausnahmefällen das besondere öffentliche Interesse aus der Eigenart der Regelung ergeben könne. In dem Fall könne es genügen, darauf zu verweisen, dass die Umsetzung des Bescheides keinen Aufschub dulde.
Den Anforderungen genüge die Begründung. Die sofortige Vollziehung sei zur Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes angeordnet worden. Aus der Eigenart eines Hausverbots ergäbe sich zudem, dass dessen Umsetzung keinen Aufschub dulde. Ohne die Anordnung einer sofortigen Vollziehung lief...