Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bestimmtheit eines Beitragsnachforderungsbescheides
Orientierungssatz
1. Bei der Berechnung des Sozialversicherungsbeitrags hat der Rentenversicherungsträger nicht auf das gezahlte, sondern auf das geschuldete Arbeitsentgelt abzustellen.
2. Ein Nachforderungsbescheid ist i. S. von § 33 Abs. 1 SGB 10 hinreichend bestimmt, wenn ihm unzweideutig zu entnehmen ist, für welche Zeiträume und welche Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge in welcher Höhe von dem Beitragsschuldner nachzuzahlen sind.
3. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Beitragsschuldner verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zur Annahme einer unbilligen Härte. Eine beachtliche Härte in diesem Sinn ist nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt, darzustellen, dass das Betreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Existenzgrundlage zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zur Zeit.
Normenkette
SGB IV § 22 Abs. 1 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGB X § 33 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Sätze 1-2
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.7.2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.338,39 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, ein Unternehmen im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31.10.2012, mit dem diese Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen für die Zeit vom 1.8.2007 bis 31.12.2009 in Höhe von insgesamt 49.353,55 Euro nachfordert.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, im Rahmen einer Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass die Antragstellerin bei der Entlohnung von Mitarbeitern zum Teil die im Zeitraum geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträge zur Regelung von Mindestlöhnen im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Nordrhein-Westfalen nicht beachtet habe. Grundlage für diese Feststellungen sei die Gegenüberstellung des jeweils vorgeschrieben Mindestlohns der Lohngruppe 2.0.11 mit den Arbeitsverträgen und Lohnabrechnungen. Die so ermittelten Lohndifferenzen seien zu verbeitragen. Die zu wenig gezahlten Beiträge würden nunmehr nachgefordert. Einige Arbeitnehmer seien zudem ohne Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt gewesen. Die für diese Arbeitnehmer ermittelten Stunden seien mit dem jeweiligen Mindestlohn multipliziert und sodann der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen worden. In anderen Fällen seien Arbeitnehmer unter dem Mantel der Geringfügigkeit beschäftigt gewesen, tatsächlich hätten sie jedoch mehr Arbeitsstunden geleistet. Die den jeweiligen Arbeitnehmern zuzuordnenden Stunden seien ebenfalls wieder mit dem Mindestlohn multipliziert worden. Hierdurch sei es in einigen Fällen zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenzen gekommen, sodass Sozialversicherungs- und Beitragspflicht entstanden sei. Die Zusammenstellung der zu wenig Zeiten Beiträge sei der beigefügten Anlage "Berechnungen der Beiträge" zu entnehmen.
Gegen den Bescheid legte die Antragstellerin am 15.11.2012 ohne weitere Begründung Widerspruch ein. Ihr Antrag auf Akteneinsicht wurde unter Hinweis auf das noch laufende Strafverfahren abgelehnt.
Sodann hat die Antragstellerin am 25.1.2013 bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Aus dem Bescheid vom 31.10.2012 sei nicht nachvollziehbar zu entnehmen, welcher Verstoß ihr in welchem Umfang vorgeworfen werde. Es werde zwar auf einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag verwiesen, aber in keiner Weise dargelegt, welche Tätigkeiten die einzelnen Mitarbeiter durchgeführt hätten. Auch sei nicht erkennbar, von welchem Stundenlohn ausgegangen werde und welcher Tarifvertrag für welchen Zeitraum einschlägig sei. Der Bescheid sei daher zu unbestimmt. Es sei nicht möglich zu erkennen, wie sich der Erstattungsbeitrag zusammensetze. Außerdem sei sie finanziell nicht in der Lage, die geforderten Beiträge zu zahlen. Ein entsprechendes Guthaben sei nicht vorhanden.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren entgegengetreten. Der Bescheid sei ausreichend bestimmt. Die Berechnung der Beitragsforderung bzw. der Säumniszuschläge ergebe sich aus den ausführlichen Anlagen zum Bescheid, die sie noch ergänzend erläutert hat.
Mit Beschluss vom 19.7.2013 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Nach summarischer Prüfung spreche nicht mehr für als gegen den Erfolg des Rechtmittels. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin zur Berechnung der Beiträge auf die nach den im Zeitraum einschlägigen Lohntarifverträgen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen geschuldeten und nicht auf die tatsächlich geleisteten Löhne abgestellt habe. Im Beitragsrecht gelte das Entstehungsprinzi...