Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindererziehungszeit. Zuordnung. Erziehungsanteil. Gemeinsame Erziehung. Überwiegende Erziehung. Mutterschutz. Erwerbstätigkeit. Erziehungsgeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine gemeinsame Erziehung im Sinne des § 56 Abs. 2 SGB VI liegt vor, wenn Eltern im Einvernehmen die Erziehung des Kindes tatsächlich wahrnehmen, wobei keine gleichwertigen oder gleichartigen Erziehungsbeiträge gefordert sind; sie ist bei Zusammenleben in einem elterlichen Haushalt regelmäßig indiziert.
2. Überwiegend erzieht derjenige Elternteil, der sich in zeitlich größerem Umfang der Kindererziehung widmet, wobei entscheidend ist, ob sich anhand objektiv nachprüfbarer Tatsachen, wie z.B. Umfang einer ausgeübten Erwerbstätigkeit beurteilen lässt, ob sich eine überwiegende Erziehung durch den einen Elternteil mit dem erforderlichen Beweisgrad feststellen lässt.
3. Der andauernde Mutterschutz der Mutter und die daneben – wenn auch nur geringfügig entlohnte – Erwerbstätigkeit des Vaters sprechen eher für eine überwiegende Erziehung durch die Mutter; unerheblich ist dabei, wer Erziehungsgeld erhalten hat, da das Gericht an die Bewertung der die Leistung bewilligenden Behörde nicht gebunden ist.
Normenkette
SGB VI § 56 Abs. 1-2, 5 S. 1, §§ 57, 149 Abs. 5 S. 1; SGG § 159 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.01.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.
Der Kläger und die Beigeladene sind die Eltern des am 00.00.2003 geborenen Kindes R.. Die Beigeladene nahm am 11.08.2003, nach Ablauf des Mutterschutzes, ihre berufliche Tätigkeit wieder auf.
Der Kläger beantragte am 23.02.2018 bei der Beklagten die Feststellung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. In dem Antragsformular gaben er und die Beigeladene an, dass die Erziehung seit dem 00.06.2003 bis laufend und weiter gemeinsam mit dem anderen Elternteil, jedoch überwiegend durch ihn erfolge.
Mit Bescheid vom 01.03.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Zeit vom 01.09.2003 bis 30.06.2006 als Kindererziehungszeit, die Zeit vom 01.09.2003 bis 09.06.2013 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt werde. Die Beigeladene habe bestätigt, dass sie das Kind nicht überwiegend erzogen habe. Die Zeit vom 01.07.2003 bis 10.08.2003 könne hingegen nicht als Kindererziehungszeit, die Zeit vom 10.06.2003 bis 10.08.2003 nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil ein anderer Elternteil das Kind überwiegend erzogen habe. Die Zeit vom 11.08.2003 bis 31.08.2003 könne nicht als Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil in diesem Kalendermonat bereits Kindererziehungszeiten von einem anderen Elternteil zu berücksichtigen seien und jeder Monat Kindererziehungszeit nur bei einem Elternteil angerechnet werde.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und bat ohne nähere Begründung um Prüfung, ob weitere Erziehungszeiten in Betracht kämen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2018 wies die Beklagte den Widerspruchsbescheid zurück. Es könnten in der Regel nur Beitragszeiten Berücksichtigung finden, die nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden seien. In der Widerspruchsbegründung habe der Kläger weitere Kindererziehungszeiten geltend gemacht, ohne genauere Angaben zu machen oder Unterlagen über mögliche, bisher nicht anerkannte Erziehungszeiträume einzureichen.
Der Kläger hat am 06.07.2018 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Er lege Wert auf umfassende Berücksichtigung der Erziehungszeiten und nehme vollinhaltlich auf den bisherigen Vortrag Bezug. Er hat einem Bescheid des Versorgungsamtes Köln vom 21.07.2003 über die Gewährung von Erziehungsgeld an ihn für die Zeit vom 10.06.2003 - 09.06.2004 für die Betreuung des Kindes R. sowie eine Übersicht "Versorgungspunkte und Anwartschaft aus Ihren Versicherungszeiten" der Beigeladenen vom 27.05.2019 der Zusatzversorgungskasse der Stadt Köln übersandt.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2018 zu verpflichten, weitere Erziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für den Zeitraum 10.06.2003 bis 31.08.2003 vorzumerken.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass nach den eingereichten Unterlagen sowie dem Versicherungskonto die Beigeladene ab dem 11.08.2003 wieder einer Beschäftigung nachgegangen sei. Bis zum Ende des Mutterschutzes am 10.08.2003 sei eine gemeinsame Erziehung beider Eltern erfolgt, eine überwiegende Erziehung durch den Kläg...