Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. keine Überprüfung des rechtmäßigen Bezugs von Arbeitslosengeld bei ehemaligen Beziehern von Arbeitslosengeld II durch die Krankenkasse. Erlass einer einstweiligen Anordnung bei notwendigem Krankenversicherungsschutz
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung der Vorversicherungszeit für eine freiwillige Versicherung von ehemaligen Beziehern von Arbeitslosengeld II darf die Krankenkasse nicht eigenständig überprüfen, ob die Mitgliedschaft auf einem rechtswidrigen Bezug von Arbeitslosengeld II beruht hat.
Orientierungssatz
Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht, wenn dringend Krankenversicherungsleistungen benötigt werden. Ausreichend ist insoweit die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Auf einen angeblichen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger kann der Antragsteller nicht verwiesen werden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.07.2006 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die 1941 geborene Antragstellerin (Ast.) bezog seit dem 01.01.2005 Leistungen nach § 19 2. Buch Sozialgesetzbuch ((SGB II) Arbeitslosengeld II-AlG II) und war deshalb bei der Antragsgegnerin (Ag) pflichtversichert. Mit Bescheid vom 14.11.2005 hob die ARGE Düsseldorf als zuständiger Träger nach dem SGB II die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 28.02.2006 auf, da die ärztliche Überprüfung ergeben habe, dass die Ast. nicht erwerbsfähig sei. Mit Bescheid vom 01.03.2006 hat die Beigeladene als Sozialhilfeträger der Ast. auf deren Antrag vom 03.02.2006 Sozialhilfe nach dem 3. Kapitel des 12. Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab dem 01.03.2006 bewilligt.
Die Ast. beantragte bei der Ag am 02.03.2006 die freiwillige Versicherung ab 01.03.2006. Mit Schreiben vom 09.05.2006 teilte die Ag der Ast. zunächst mit, sie prüfe noch die Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung und habe die ARGE um Mitteilung gebeten, ab wann Leistungen tatsächlich zu Unrecht bezogen worden seien. Da noch keine Entscheidung über die freiwillige Versicherung ergehen könne, empfehle man, ein Betreuungsverhältnis nach § 264 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einrichten zu lassen. Nachdem die Ag eine Bescheinigung der ARGE vom 04.05.2006 erhalten hatte, wonach der Grund, der zur Einstellung der Leistung geführt habe, seit dem 18.08.2005 vorliege, lehnte die Ag mit Bescheid vom 17.05.2006 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab. Da die Ast. seit August 2005 Leistungen zu Unrecht erhalten habe, könne diese Zeit der Mitgliedschaft nicht als Vorversicherungszeit berücksichtigt werden. Den Widerspruch hat die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 zurückgewiesen.
Die Ast. hat am 09.06.2006 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Ag beantragt. Sie habe Anspruch auf Durchführung der freiwilligen Versicherung. Wie aus dem Entlassungsbericht der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums E ersichtlich, benötige sie dringend eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 01.07.2006 die Ag zur Durchführung der freiwilligen Versicherung und Gewährung von Krankenversicherungsschutz ab 09.06.2006 verpflichtet. Ein Anordnungsanspruch sei zu bejahen, denn die Voraussetzungen für eine freiwillige Versicherung lägen vor. Die Ast. sei bis zum 28.02.2006 wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II pflichtversichertes Mitglied der Ag gewesen. Soweit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V Mitgliedschaftszeiten aufgrund eines rechtswidrigen Leistungsbezugs bei der Vorversicherungszeit nicht zu berücksichtigen seien, spreche mehr dafür, dass es insoweit nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit des Bezugs, sondern nur auf dessen formelle Rechtmäßigkeit ankomme. Somit sei entscheidend, dass der Bewilligungsbescheid erst mit Wirkung vom 28.02.2006 zurückgenommen worden sei.
Die Ag hat am 03.07.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie meint, es fehle schon an der Eilbedürftigkeit, da ein vorrangiger Rechtsanspruch auf Krankenversicherungsleistungen nach § 264 SGB V bestehe. Bei Durchsetzung ihrer Rechte gegen den Sozialhilfeträger, ggfs. im Rahmen einer einstweiligen Anordnung, könne die Ast. eine Notlage vermeiden. Unabhängig davon fehle es an einem Anordnungsanspruch. Mangels Erfüllung der Vorversicherungszeit scheide eine freiwillige Versicherung aus. Für die Berücksichtigung der Mitgliedschaft auf Grund des Leistungsbezugs sei auf die materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs abzustellen. Da die ARGE vielfach Bewilligungen nicht rückwirkend zurücknehmen könne, liefe bei einer rein formell-rechtlichen Auslegung die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V leer.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die A...