Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Regelbedarfs im Recht der Grundsicherung - Angemessenheit der Heizungskosten

 

Orientierungssatz

1. Der Regelbedarf im Recht der Grundsicherung nach § 20 SGB 2 und im Recht der Sozialhilfe nach § 28a SGB 12 sowie deren Fortschreibung sind verfassungsgemäß (BVerfG Beschluss vom 23. 7. 2014, 1 BvL 10/12).

2. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB 2 werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Verfügt die Wohnung des Grundsicherungsberechtigten über eine Gasetagenheizung, so kommt daneben die Übernahme der Kosten für den Betrieb eines Elektroradiators nicht in Betracht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.01.2021; Aktenzeichen B 14 AS 74/20 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.07.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der SGB II-Leistungen für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018.

Mit Bescheid vom 05.12.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die o.g. Zeit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von insgesamt 689,24 EUR (416 EUR Regelbedarf und 273,24 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die sich in 171,89 EUR Grundmiete, 28,35 EUR Heizkosten und 73 EUR Nebenkosten aufschlüsseln). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erklärte, dass das Handeln des Beklagten nicht in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehe. Er sei als Mann nicht gleichberechtigt, sich gleichermaßen (gesund) zu ernähren wie eine Frau.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Höhe des Regelbedarfes sei höchstrichterlich geklärt worden. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar seien (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, BVerfGE 137, 34). Die Entscheidung über die Ermittlung und die Höhe der Leistungen für den Regelbedarf betreffe nach den Ausführungen des BVerfG über die ausdrücklich angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen.

Der Kläger hat am 22.02.2018 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben mit dem Begehren, den Bescheid vom 05.12.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 aufzuheben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2018 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Das Gericht verweise wegen der weiteren Begründung auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 18.07.2018 zugestellt worden und er hat am 17.08.2018 Berufung eingelegt. Die Entscheidung dokumentiere fehlenden effektiven und verfassungswidrigen Rechtsschutz und Rechtsbeugung. Seine dargelegten und begründeten Ausführungen und Anträge seien in der oben genannten Entscheidung nicht wiedergegeben.

Am 12.12.2018 hat eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Der Kläger hat in dieser darauf hingewiesen, dass er zu einigen Verfahren, wie auch zu diesem, ein Schreiben vom 26.03.2018 mit zahlreichen Anträgen - z.B. beinhaltet Antrag 18 ein Begehren, die tatsächlichen Heizkosten für die Inbetriebnahme seines Elektro-Radiators "Baufa 1500 Watt Type ERST 15, Nr. 316088" zu erstatten - zu den Gerichtsakten gereicht habe. Das habe das Sozialgericht nicht berücksichtigt. Dies erwies sich als zutreffend.

Diesem Schriftsatz als Anlage beigefügt war eine Aufstellung mit der Überschrift "Baufa- Elektro Radiator 1500 Watt Type ERST 15, Nr. 316088". Dargestellt werden die Monate Januar und Februar 2018. Danach sei der Radiator im Regelfall nachts, zuweilen aber auch von ca. 20 Uhr bis 0 Uhr, auf höchster Stufe in Betrieb gewesen für die Dauer von 1,25 bis maximal 6 Stunden. Für mittwochs und donnerstags, zuweilen auch dienstags, erfolgten jeweils keine Aufzeichnungen. Darüber hinaus war dem Schreiben eine Erklärung des Bruders des Klägers, Helmut Schneidereit, vom 08.11.2014 beigefügt, nach der dieser u.a. bestätigt, dass der Kläger bei seinen Besuchen in dessen Wohnung zusätzlich mit einem Elektroradiator geheizt habe. Er könne bestätigen, dass sich im Eingangsbereich und in der Küche keine Heizkörper befänden und der Kläger die Inbetriebnahme aufgezeichnet habe. Der Senat hat den Schriftsatz zur Akte genommen und die mündliche Verhandlung vertagt.

Der Beklagte hat entgegnet, dass sich auch unter Berücksichtigung dieses Schriftsatzes keine neuen Erkenntnisse ergäben. Er sei an das Gesetz gebunden.

Mit Schreiben vom 29.03.2020 hat der Senat den Kläger aufgefordert, für den streitigen Zeitraum den tatsächlichen Stro...

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