Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Stichtagsregelung des 14.2.1996
Orientierungssatz
Die Regelung des § 237 Abs 4 SGB 6 (Stichtagsregelung des 14.2.1996) verletzt nicht Art 14 Abs 1 S 2, Art 3 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zutreffend die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung eines abgesenkten Zugangsfaktors berechnet hat.
Der im Juli 1941 geborene Kläger entrichtete seit April 1956 Pflichtbeiträge; seinem Versicherungsverlauf zufolge sind darüber hinaus Pflichtbeiträge für Kindererziehung anerkannt.
Im Dezember 1994 schloss er mit seinem Arbeitgeber, der I D I GmbH im Rahmen des vereinbarten gleitenden Ruhestandes einen befristeten Beratervertrag. Es wurde für die Zeit vom 01.01.1995 bis 30.06.1997 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden ein monatlicher Bruttolohn von 9.290 DM vereinbart sowie im Übrigen für die Zeit ab 01.07.1997 (Folgemonat der Vollendung von 55 Jahren und 11 Monaten) bis zum Ende des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres eine Abfindung in Höhe von 106.881 DM garantiert. Ab dem 01.07.1997 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog bis Februar 2000 Arbeitslosengeld. Zuletzt vor der Rentenantragstellung war er arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug.
Auf seinen im April 2001 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres mit Rentenbeginn ab 01.08.2001, bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 28.06.2001 die beantragte Altersrente. Auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme errechnete sie einen Zugangsfaktor von 0,835.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er halte die Kürzung der Altersrente für verfassungswidrig. Durch das Rentenreformgesetz 1992, das im Zeitpunkt des Abschlusses seines Vorruhestandsvertrages gegolten habe, habe er einen besonderen Vertrauensschutz erlangt, der durch das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz -- WFG --) vom 25. September 1996 nicht rückwirkend habe beseitigt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Vertrauensschutz könne der Kläger nicht beanspruchen, weil die Gesetzesänderung bereits vor dem Beginn der ihm gewährten Altersrente in Kraft getreten sei. Im Übrigen sei sie an Recht und Gesetz gebunden.
Seine Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass die Kürzung seiner Altersrente gegen Art. 2, 3 und 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Bei Abschluss des Aufhebungsvertrages im Dezember 1994 habe er auf die zu jener Zeit geltenden Regelungen des § 41 Abs. 1 -- 3 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) vertrauen und davon ausgehen können, dass ihm auf Grund der getroffenen Vereinbarungen eine Rente ohne Kürzung zustünde. Der Gesetzgeber habe in die geschaffene Vertrauensposition nicht mehr eingreifen dürfen. Die in seinem Fall eingetretene Rentenminderung um 16,5 v.H. sei unzumutbar und unverhältnismäßig.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2001 zu verurteilen, ihm Altersrente ohne Abschläge zu gewähren,
die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Auffassung geblieben, dass die vorgenommene Minderung des Zugangsfaktors der Rechtslage entspricht.
Durch Urteil vom 22.05.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den Zugangsfaktor gekürzt, weil der Kläger vor Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze von 65 Jahren von der Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme Gebrauch gemacht habe. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI seien nicht erfüllt, da der Kläger nach dem 14.02.1941 geboren sei. Diese Regelung sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich.
Mit seiner Berufung hält der Kläger an seiner Auffassung fest, dass seine Rechte insbesondere aus Art. 3 und Art. 14 GG verletzt seien. Es sei durch nichts zu rechtfertigen, dass der Gesetzgeber bestimmte Geburtsjahrgänge von der alten Regelung ausnehme. Vor allem sei ihm im Zeitpunkt des Inkrafttretens der durch das WFG geänderten Regelungen eine Beeinflussung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht mehr möglich gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22. Mai 2002 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger eine höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines ungeminderten Zugangsfaktors nicht zusteht; der...