Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Anhebung der Altersgrenze. Vertrauensschutzregelung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
In dem vom Gesetzgeber in § 237 Abs 4 SGB 6 in Forme einer Stichtagsregelung vorgenommenen Ausschluss der am 14.2.1996 unter 55-Jährigen von der Übergangs-/Vertrauensschutzregelung vermag der Senat einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze insbesondere Art 2, 3 und 14 GG nicht zu erkennen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abschläge.
Der ... 1941 geborene Kläger entrichtete seit 1959 durchgehend Pflichtbeiträge. Seit dem 01.01.1965 war er bei der D-AG in K, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, beschäftigt. Am 10.01.1996 schloss er mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag über eine arbeitgeberseits veranlasste Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 31.12.1996. Zum Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile war aus sozialen Gründen eine Abfindung in Höhe von brutto 135.000,00 DM davon steuerfrei 36.000,00 DM, vereinbart. Nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bezog der Kläger bis zum 18.01.2000 Arbeitslosengeld. Im Anschluss war er beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet.
Am 22.03.2001 beantragte der Kläger ausdrücklich eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Abschläge mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Beklagte teilte ihm mit, dass sich bei einem Rentenbeginn zum 01.09.2001 ein Abschlag in Höhe von 16,8 % ergeben werde. Ihm sei zwar am 06.07.1997 eine Rentenauskunft unter Einbeziehung der möglichen Ausgleichszahlung zur Rentenminderung in Höhe von 117.755,54 DM erteilt worden, diese Ausgleichszahlung habe er jedoch nicht geleistet. Eine Rente ohne Abschlag könne deshalb frühestens zum 01.05.2006 bewilligt werden.
Der Kläger teilte mit, sein Renteneintritt sei auf Grund seines Aufhebungsvertrages auf den 01.09.2001 festgeschrieben worden. Erst nach Bekanntgabe seiner gekürzten, gesetzlichen Rente könne er die ihm entstandene tatsächliche Rentenminderung feststellen. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Frühverrentung von 1992 und der Broschüre der BfA zur Anhebung der Altersgrenzen habe er den Aufhebungsvertrag am 10.01.1996 akzeptiert. Danach erst habe der Gesetzgeber in einem ad-hoc-Verfahren die Grundlage für den Aufhebungsvertrag entzogen.
Da er zum einen nicht die Mittel habe, den finanziellen Ausgleich an die BfA-Kasse zu zahlen und zum anderen seine Abfindungssumme bis zum 01.09.2001 berechnet sei, bliebe ihm nur die Möglichkeit, nach dem Rentenbescheid und seinem Widerspruch seine Ansprüche beim Sozialgericht einzuklagen.
Die Beklagte bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.09.2001. Der Zugangsfaktor betrug wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme 0,832. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme ergab sich ein Abschlag von 16,8 % (= 472 DM).
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, vor Unterzeichnung seines Aufhebungsvertrages sei weder seinem Arbeitgeber noch ihm die anstehende Gesetzesänderung bekannt gewesen. Auf Grund der allgemein geführten Diskussion habe sein Arbeitgeber lediglich bemerkt, dass er nach Unterzeichnung des Vertrages Vertrauensschutz erhalte, der ihn vor Benachteiligungen schützen werde. Bei der BfA in Köln habe niemand etwas über eine Änderung in der Frühverrentung gewusst. Vielmehr habe man ihn auf die bereits angesprochene Broschüre verwiesen. Seine Abfindungssumme sei damals so berechnet worden, dass er sein Arbeitslosengeld und die Zeit darüber hinaus - unter Berücksichtigung von Krankenkassen- und Pflegebeitrag - auf die Höhe der zu erwartenden gesetzlichen Rente mit 60 aufstocken konnte. Sein Ausscheiden aus der Firma habe für ihn nicht nur die Aufrechterhaltung einer Minimalexistenz, sondern die Aufrechterhaltung der im Berufsleben erworbenen sozialen Stellung sichern sollen. Mit dem 14.02.1996 sei ein Stichtag festgesetzt worden, der ihm die Grundlage für seinen Aufhebungsvertrag überfallartig entzogen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Rentenberechnung ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Regelung, die bei ihm zu einer Rentenminderung in Höhe von 16,8 % führe, sei verfassungswidrig. Die Regelungen des § 41 Abs. 1a SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23.07.1996 verletze ihn in seinen Grundrechten aus Artikel 3, 14 Abs. 1 sowie aus Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsgebot. Das am 01.01.1992 in Kraft getretene RRG 1992 habe die schrittweise Anhebung der Altersrenten vom 60. auf das 65. Lebensjahr beginnend im Jahr 2001 und endend im Jahr 2012 geregelt. Nach dieser Gesetzeslage habe für ihn bei Abschluss des Aufhebungsvertrages die Möglichkeit bestanden, nach seiner Arbeitslosigkeit...